O² - Ja oder Nein im SSD

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10.02.2010, 15:26
Original von Hajo Behrendt
Wenn eine Person nach einer gesicherten massiven Hyperventilation kollabiert, nicht zyanostisch ist, eine hohe Sättigung aufweist und nicht mehr atmet, warte ich auf jeden Fall so lange, bis der SpO2-Wert unter 90 sinkt oder eine Zyanose eintritt. Vorher KEINE Beatmung!


Wobei die Sättigung ja nur Aussagekräftig ist wenn keine anämische Situation vorliegt (und natürlich keine CO Intox).
" Die jungen Leute von heute sind wesentlich angenehmer als in den 60er, 70er und 80er Jahren. Sie sind toleranter und respektvoller, auch älteren Leuten gegenüber. "
- Heino

10.02.2010, 16:09
Schlüsseln wir mal alles auf:
1. Wir sind uns ja alle einig, dass der zu geringe CO2-Anteil im Blut das Problem bei Hyperventilation darstellt.
2. CO2 liegt im Blut als Kohlensäure vor, Sauerstoff ist an Hämoglobin gebunden, sprich der Anteil des einen kann unabhängig vom anderen sein.
3. Wie wird der Gas-Anteil im Blut beeinflusst? Das Gas diffunidert durch die Alveolen.
4. Wovon ist die Diffusion abhänig? Bei der Diffusion wird versucht auf beiden Seiten ein Gleichgewicht der Konzentration zu erzeugen. Das bedeutet, je höher die Differenz der Konzentrationen ist, desto schneller funktioniert eine Annäherung der beiden Werte.
In normaler Luft beträgt der Anteil CO2 0,03 % (wenn ich's noch richtig im Kopf hab), bei 15 Liter O2 pro Minute nahezu 0,00% - also nahezu kein Unterschied.
5. Wodurch kommt es bei der Hyperventilation zum Absinken der CO2-Konzentration im Blut? Durch die schnelle Atmung wird die CO2-Konzentration der Atemluft gering gehalten, dadurch läuft die Diffusion schneller.
6. Aus dem gleichen Grund (anhaltende hohe Konzentration O2) ergibt sich eine erhöhte O2-Sättigung im Blut - oft 100%
7. Was passiert wenn nun O2 gegeben wird? Der O2-Anteil im Blut bleibt bei 100%, die CO2-Konzentration wird praktisch dadurch nicht beeinflusst, da die Konzentrationen von Luft und Blut ja schon die maximale Differenz haben.
8. Wie kann man die CO2-Konzentration im Blut wieder steigen lassen? Man verringert die AF oder erhöht den Anteil von CO2 in der Einatemluft (Logik bei 2l Flow über Maske: Ausreichend O2 zur Versorgung des Körpers, jedoch erhöhter CO2-Anteil durch Rückatmung)

9. Was ist nun eine Kontraindikation bei Sauerstoff?
z.B. eine Paraquat-Vergiftung, sollten mittlerweile aber immer seltner werden.
Zuletzt geändert von Max am 10.02.2010, 16:12, insgesamt 1-mal geändert.
Mitglied bei *dem* BRK und bei den Brandpatschen

10.02.2010, 16:55
Original von Hajo Behrendt
Mit einer Beatmung unter zusätzlicher O2-Zufuhr (Reservoir) kommt es definitiv zu einer weiteren Hyperventilation und zu einer Verschlechterung des Zustandes!


Entweder eine Person hyperventiliert oder sie atmet nicht... so allmaehlich frage ich mich, ob du das, was du hier schreibst wirklich ernst meinst....

Ansonsten hat Markus das nochmal sehr schoen aufgeschluesselt - vorallem seinen zweiten Punkt solltest du dir vielleicht nochmal durch den Kopf gehen lassen - das scheint dir naemlich nicht wirklich klar zu sein:
"2. CO2 liegt im Blut als Kohlensäure vor, Sauerstoff ist an Hämoglobin gebunden, sprich der Anteil des einen kann unabhängig vom anderen sein."

"Wenn eine Person nach einer gesicherten massiven Hyperventilation kollabiert, nicht zyanostisch ist, eine hohe Sättigung aufweist und nicht mehr atmet, warte ich auf jeden Fall so lange, bis der SpO2-Wert unter 90 sinkt oder eine Zyanose eintritt. Vorher KEINE Beatmung!"
Ist das deine eigene Schlussfolgerung? Erfahrung aus der Praxis? Lehraussage irgendeines Ausbilders!?
Abgesehen davon das dieses ganze Konstrukt sowieso Bloedsinn ist - wie sicherst du denn eine Hyperventilation!? Was ist, wenn der Patient nen Herzinfarkt hatte und deswegen vor Aufregung angefangen hat zu hyperventilieren? Was ist Ursache, was Folge!?
Jeder - ausnahmelos jeder Patient - der bewusstlos ist und nicht atmet wird reanimiert. Alles andere ist absoluter Schwachsinn und ueber alles andere werde ich nicht weiter diskutieren.

10.02.2010, 17:24
Vllt noch ein kleines Zahlenspiel, was die Absurdität offenbart:

Bei 100% Absättigung des Hämoglobins mit Sauerstoff, wovon wir hier mal ganz großzügig ausgehen, um Hajo zu unterstützen, entspräche das 21ml O2 / 100ml Blut als "Absättigung" (vergleiche "Hüfner'sche Zahl"). Dazu kommen unter physiologischen Bedingungen 0,3ml O2 / 100ml Blut, als im Blut physikalisch gelöstem Sauerstoff.

(Dazu das Dalton'sche Gesetz: Menge gelöster O2 = pO2 * alpha; wobei alpha = Löslichkeitskonstante ist. Diese liegt bei 0,03 mlO2 pro mmHg * 1l Blut. Da wir in den Lungenkapillaren physiol. einen pO2 von 100mmHg haben, berechnen wir uns daraus 3mlO2 / l Blut .... macht also 0,3ml/100ml )

Was können wir jetzt also durch eine Sauerstoffinhalation an Zugewinn erreichen!?

Bei maximaler Sauerstoffsättigung der Atemluft (Demand-Ventil, Sauerstoffzelt, ....) erreichen wir höchstens 600mmHg Sauerstoffpartialdruck. Das Hämoglobin ist maximal abgesättigt mit seinen 21ml, da geht nichts mehr. Ändert sich nur noch die gelöste Sauerstoffmenge. Setzen wir also die 600mmHg in obige Rechnung ein, ergibt sich 1,8ml Sauerstoff / 100ml Blut

Wir haben also statt 21,3ml plötzlich 22,8ml Sauerstofftransport pro 100ml Blut. Wer ernsthaft glaubt, das das einen Unterschied macht.....nun ja.

Edit: Übrigens erklärt das auch die Sinnlosigkeit von irgendwelchen Sauerstoff-Bars o.ä. ....
Zuletzt geändert von GeKue am 10.02.2010, 17:31, insgesamt 1-mal geändert.
Gerrit (RettAss)
"Wir sind längst im Paradies, haben die Hölle draus gemacht!" --- ASP, Ich bin ein wahrer Satan
ASP - Sage Nein!

10.02.2010, 17:44
@peit

Im Allgemeinen sind Personen, die Hyperventilieren, zunächst noch ansprechbar. Im Rahmen einer Anamnese werde ich einen Infarkt (als mögliche Ursache) schon herausfinden.

Wenn wir hingegen auf einem Tokio-Hotel-Konzert San-Dienst machen, und ein hysterisches Mädel kollabiert, nachdem wir dort wegen einer Hyperventilationstetanie hingerufen worden sind, gehe ich von anderen (psychischen) Ursachen aus.

Wenn sie die klassischen Syptome zeigt, ich sie nicht beruhigt kriege, sie die Tüte nicht akzeptiert (und auch meinen O2-Trick nicht) und dann aufhört zu atmen, warte ich schon ein bisschen mit der Beatmung.
Oh Wunder, nach ein paar Minuten ist der CO2-Spiegel im Blut so weit gestiegen, dass sie wieder anfängt zu atmen. Wenn sie hingegen zyanotisch wird, muss ich von anderen Ursachen ausgehen und mit der Reanimation beginnen...


Eigene Erfahrungen und auch Lehraussage von mir, meiner Uni, mind. zweier Rettungdienstschulen,allen HiOrg-Gliederungen bei denen ich angefragt habe, meinen DozentInnen und auch unserer Ärztlichen Leitung.

Und K.O.-Kriterium für Prüfungen: Wer bei Hyperventilation Sauerstoff gibt, fällt durch!

Wenn hingegen nicht sicher ist, dass die Hyperventilation alleinige Ursache eines Atemstillstands ist, gebe ich dir natürlich Recht. Dann muss zeitnah mit einer (Raumluft-) Beatmung angefangen werden.
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

10.02.2010, 17:50
Original von Hajo Behrendt
Durch den erhöhten O2-Einatemanteil wird das im Körper vorhandene CO2 unter kritische Werte abgesenkt.


Sorry, aber mit dieser Aussage wärst Du bei mir in der Prüfung durchgefallen, weil sie zeigt, dass Du die Pathophysiologie der Hyperventilation absolut nicht verstanden hast.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

10.02.2010, 17:56
Original von Hajo Behrendt
Dann muss zeitnah mit einer (Raumluft-) Beatmung angefangen werden.


Ich begreife weiterhin nicht, warum Du einem bewusstlosen, beatmungspflichtigen Patienten den lebensrettenden (!) Sauerstoff vorenthalten willst. Das ist Vorsatz!
Gerrit (RettAss)
"Wir sind längst im Paradies, haben die Hölle draus gemacht!" --- ASP, Ich bin ein wahrer Satan
ASP - Sage Nein!

10.02.2010, 18:04
Wenn er vorher so massiv hyperventiliert hat, hat er genug Sauerstoff (Präoxygenierung...)

Ausserdem betreibe ich ja SpO2-Monitoring!

EDIT: Wohlgemerkt: Ich rede hier nur von einer vorherigen Hyperventilation.

Bei einer "normalen" Reanmition ist der hochsosierte Sauerstoffeinsatz natürlich Standard.
Zuletzt geändert von Hajo Behrendt am 10.02.2010, 18:07, insgesamt 1-mal geändert.
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

10.02.2010, 18:08
Ja Himmel, willst Du denn nicht begreifen, dass Du gerade schriebst "wenn nicht sicher ist, das eine HVT vorlag (...) mit (Raumluft) Beatmung "

....also ich geb's auf!
Gerrit (RettAss)
"Wir sind längst im Paradies, haben die Hölle draus gemacht!" --- ASP, Ich bin ein wahrer Satan
ASP - Sage Nein!

10.02.2010, 18:14
....also ich geb's auf!

habe ich schon vor 3 Stunden...
Wenn er vorher so massiv hyperventiliert hat, hat er genug Sauerstoff (Präoxygenierung...)

Präoxygenierung ist nicht durch Hyperventilation zu erreichen (Synonym zur Präoxygenierung ist der Begriff der Denitrogenisierung - sagt deutlicher, worum es geht).

10.02.2010, 18:28
Nur zur Sicherheit möchte ich an dieser Stelle alle Schulsanis (u.ä.) darum bitten, diese Diskussion nur weiter zu verfolgen, wenn ihr entsprechend rettungsdienstlich oder anderweitig medizinisch-fortgeschritten ausgebildet seid. Die Diskussion läuft schon seit ein paar Stunden in eine Richtung, in der man mit Halbwissen (jepp - ich zähl mich da auch unter die Halbwissenden) zu leicht falsche Schlüsse ziehen kann.
Caro, 28, Lehrerin.

10.02.2010, 18:30
"Im Allgemeinen sind Personen, die Hyperventilieren, zunächst noch ansprechbar. Im Rahmen einer Anamnese werde ich einen Infarkt (als mögliche Ursache) schon herausfinden."
Das ist praktisch - vielleicht bringst du diese Fähigkeit auch den Ärzten hier in der Kardiologie bei! Die würden sich freuen, wenn sie in Zukunft auf Labor und EKG verzichten können zum Infarktausschluss :-)


"Wenn wir hingegen auf einem Tokio-Hotel-Konzert San-Dienst machen, und ein hysterisches Mädel kollabiert, nachdem wir dort wegen einer Hyperventilationstetanie hingerufen worden sind, gehe ich von anderen (psychischen) Ursachen aus. "
Hui, das beruhigt mich, dass Tokio-Hotel-Fans ausschließlich an Hyperventilationstetanien leiden und grundsätzlich keine anderen Vorerkrankungen haben :-)

"Wenn sie die klassischen Syptome zeigt, ich sie nicht beruhigt kriege, sie die Tüte nicht akzeptiert (und auch meinen O2-Trick nicht) und dann aufhört zu atmen, warte ich schon ein bisschen mit der Beatmung. "
Ich höre auch manchmal auf zu atmen. Wenn ich dabei nicht wild durch die Gegend herum laufe schaffe ich das sogar zwei Minuten lang. Find ich gut, dass du mich nicht gleich beatmen willst, nur weil ich mal ein wenig die Luft anhalte. Falls ich dann aber bewusstlos danieder liege, fänd ich das hingegen schon nett von dir - auch wenn ich vorher mal nen bisschen schneller geatmet habe.

"Oh Wunder, nach ein paar Minuten ist der CO2-Spiegel im Blut so weit gestiegen, dass sie wieder anfängt zu atmen. Wenn sie hingegen zyanotisch wird, muss ich von anderen Ursachen ausgehen und mit der Reanimation beginnen..."
Ist natürlich doof, wenn in den paar Minuten nicht nur der CO2-Spiegel angestiegen ist, sondern der O2-Spiegel auch abgefallen. Dann fängt er nämlich leider nicht mehr an. Ein paar Seiten vorher hat Don das mal so treffend ausgedrückt: "Die Abgabe von Co2 hat nichts mit der Aufnahme von O2 zu tun. Die Abgabe von Co2 ist primär abhängig vom AMV und vielleicht irgendwann einmal vom Säure-Base-Haushalt. Die einzige Ausnahme davon wäre, wenn man dem Patient 0% O2 zuführt, dann hört irgendwann auch die Abgabe von Co2 auf."



"Eigene Erfahrungen und auch Lehraussage von mir, meiner Uni, mind. zweier Rettungdienstschulen,allen HiOrg-Gliederungen bei denen ich angefragt habe, meinen DozentInnen und auch unserer Ärztlichen Leitung. "
Ok, deinen Lehraussagen und Erfahrungen traue ich das zu. Ansonsten musst du klar unterscheiden: Sauerstoff ist keine Therapie gegen Hyperventilation - aber deshalb noch lange nicht kontraindiziert. Wenn ich mir in den Finger geschnitten habe hilft mir der Sauerstoff auch nciht - auch wenn er sicher nciht schaden wird.

"Und K.O.-Kriterium für Prüfungen: Wer bei Hyperventilation Sauerstoff gibt, fällt durch!"
Ja, weil er die Hyperventilation nicht therapiert. Aber siehe oben.

"Wenn hingegen nicht sicher ist, dass die Hyperventilation alleinige Ursache eines Atemstillstands ist, gebe ich dir natürlich Recht. Dann muss zeitnah mit einer (Raumluft-) Beatmung angefangen werden."
Schau mal House MD - dann weißt du, dass man sich nie sicher sein kann :-)

10.02.2010, 18:49
Meine Güte,

wir reden hier über die Ausbildung von ehrenamtlichen (Schul-) Sanitätern. Da muss ich Caro Recht geben.

Vielleicht können wir das für die zusammenfassen:

Sauerstoff ist bei einer Hyperventilation NICHT Mittel der Wahl, einige meinen sogar absolut kontraindiziert.

Daher beschränkt euch bitte auf die Basismaßnahmen:
- Hinausführen aus "Gefahrenbereich" -> Weg von Ursache
- Talk Down (Psy. Betreuung)
- ggf. Atemanweisungen
- ggf. Rückatemtüte oder Hyerventilationsmaske

Bei Nichterfolg dieser Maßnahmen Notruf!

Ich denke, ich habe das dann so ganz gut zusammengefasst, nu is Ende im Gelände... ;)
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

10.02.2010, 18:53
Hehe, erfasst zwar nicht wirklich den Kern der Diskussion - die Maßnahmen an sich waren glaube ich von Beginn an umunstritten - aber vielleicht hast du wirklich recht und wir beenden die Diskussion hier besser, bevor sie noch weiter entgleist.

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