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Gar keine Schocklage mehr?

BeitragVerfasst: 09.07.2011, 16:46
von Hajo Behrendt
Moin,

ich habe in der aktuellen Ausgabe der "Rettungsdienst" gelesen, dass bei hypovolämischem Schock keine Schocklage mehr angewendet und gelehrt werden sollte, da dies nachteilige Auswirkungen auf die Heilungs-/Überlebensrate haben soll (zusätzliche Quetschung der minderdurchbluteten Bauchorgane bei Zentralisation, dadurch vermehrt Organschäden bei insgesamt nicht erwiesenem Nutzen der Lagerung).

Entsprechende Leitlinien werden wohl gerade geändert.

Meine Frage: Gilt das jetzt auch für andere Schockformen, z.B. anaphylaktisch (allergisch), neurogen/spinal, Synkope etc???

Wer kennt da den aktuellen Stand ???

RE: Gar keine Schocklage mehr?

BeitragVerfasst: 09.07.2011, 18:32
von lafidi
Das ist mir neu!

Ich versuch morgen mal dran zu denken und die Ausbilder von dem Kurs, bei dem ich dieses WE mime, zu fragen. Vielleicht wissen die mehr.

BeitragVerfasst: 09.07.2011, 19:14
von SSD_Bad Homburg
Ich habe mich auch schon gewundert. In der 5. Auflage des Buches "Leitfaden Rettungsdienst" ist als Basismaßnahme für alle Schockformen die Schocklage durch die Oberkörperhochlage abgelöst worden. Sehr merkwürdig. Ich werde deswegen die Tage auch mal eine Mail an den Autor schreiben, vielleicht bekommt man von dem eine gute Antwort !?

BeitragVerfasst: 10.07.2011, 09:35
von Max
Nach aktuellem Stand soll in der EH weiterhin die Schocklage gelehrt und auch wie bisher angewendet werden.

Allerdings wird auf Bundesebene gerade abgeklärt, ob dies geändert werden soll.

Dieses Verfahren finde ich auch richtig so, weil wenn man sofort jeder Studie/Veröffentlichung glauben würde ohne sie nachzuprüfen, dann müssten wir wohl wöchentlich die Leitfäden ändern.

BeitragVerfasst: 10.07.2011, 11:26
von Don Spekulatius
Original von Max
Dieses Verfahren finde ich auch richtig so, weil wenn man sofort jeder Studie/Veröffentlichung glauben würde ohne sie nachzuprüfen, dann müssten wir wohl wöchentlich die Leitfäden ändern.

Tja - nur wie will man die Aussagen prüfen, wenn man nicht zu jeder Aussage eine eigene Studie durchführen will/kann?

Den Artikel im Rettungsdienst finde ich aber schon putzig. Wer will kann mal folgendes ausprobieren: Man nehme einen Patienten und schließe ihn an eine arterielle Blutdruckmessung an. Dann lege man ihn mal in Anti- und anschließend in Trendelenburglagerung. Dabei schaue man sich mal den Blutdruck an. Gemäß dem Autor im Rettungsdienst ist jede Veränderung, die man sieht, nur Einbildung. Wenn ich das morgen meinem Chef sage, kann ich mir übermorgen einen neuen Job suchen. Zum Glück habe ich Urlaub :D

BeitragVerfasst: 10.07.2011, 12:08
von GeKue
Da mir hier die Rettungsdienst nicht zur Verfügung steht: Kann mir bitte jemand die Quellenangabe des Artikels schicken/nennen, damit ich über den Uni-Zugang wenigstens an die Originalarbeit ran komme? Danke!

BeitragVerfasst: 12.07.2011, 15:45
von GeKue
*push*

Dafür muss man doch nur die Fussnote abschreiben.... würde mich echt interessieren. Danke.

BeitragVerfasst: 12.07.2011, 16:45
von LRA
Ist mir nichts bekannt, ausserdem, was in einem Artikel geschrieben wird ist noch lange nicht belegt und noch viel weiter weg als Richtlinie zu sehen.
Daher: Immer an das halten was rechtsverbindlich ist und das sind die derzeit geltenden EH-Richtlinien bzw. Trauma-Richtlinien und da ist überall die Schocklage empfohlen.

Gruß Jochen

BeitragVerfasst: 12.07.2011, 16:55
von LRA
Offizielle Aussage des DRK-Generalsekretariats:

Wortlaut einer Information des DRK-Generalsekretariats vom 06.07.2011:

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der Juni-Ausgabe der Zeitschrift „RETTUNGSDIENST“ wurde ein Artikel veröffentlich, in dem die Effektivität der sog. Schocklagerung in Frage gestellt wird.

Die Bundesärzte der in der Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe zusammenarbeitenden Hilfsorganisationen haben am 4. Juli 2011 diese Thematik kurz erörtert und beschlossen, die Fragestellung an die Sektion „Schock“ der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) weiterzuleiten.

Gleichzeitig wurde beschlossen, die entsprechenden Lehraussagen – zumindest bis zu einer Stellungnahme dieser Sektion – in der Erste-Hilfe-Ausbildung unverändert zu belassen.
Mit freundlichen Grüßen
i.A.
gez. Osche
Stefan Osche
Leiter
Team Bevölkerungsschutz und Ehrenamt

BeitragVerfasst: 23.01.2012, 13:14
von Max
Graben wir den alten Thread doch mal wieder aus:

Hat es inzwischen eine Stellungsnahme zu dem Artikel gegeben?

BeitragVerfasst: 23.01.2012, 13:40
von krumel
Das nicht, es gibt aber ein paar mehr Studien dazu...

@Don:
Richtig, beim nicht-schockigen Patienten hast du soweit recht...Aber probier das ganze Mal großflächig beim polytraumatisierten Patienten aus..Hier fällt der Unterschied aufgrund der bereits auf "volle Pulle" stehenden Regelungsmechanismen weitaus geringer aus...

Was ich viel interessanter finde: Das ganze ist eigentlich schon seit den 80gern bekannt...

BeitragVerfasst: 23.01.2012, 13:50
von Hajo Behrendt
Systematische Übersichtsarbeiten sollten da helfen...

Leider habe ich bislang keine zu dem Thema gefunden.

BeitragVerfasst: 23.10.2012, 13:49
von M1k3
Gibts denn inzwischen erkenntnisse von der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) Abteilung Schock?

BeitragVerfasst: 23.10.2012, 15:23
von Max
Ja, gibt es.

Nachzulesen (u.a.) in "Der Notarzt" 2012, 1. Ausgabe

Fazit:
Schocklage bleibt weiterhin empfohlen, der Nutzen für den professionelen Helfer ist etwas korrigiert worden und Kontraindikationen wurden teilweise aufgehoben.

BeitragVerfasst: 23.10.2012, 22:27
von Maxi
Original von Max
Nutzen für den professionelen Helfer ist etwas korrigiert worden und Kontraindikationen wurden teilweise aufgehoben.


Was heißt das denn genau? Welche KI's wurden aufgehoben?

VG