Belastende Einsätze!

Hier kann über alle Maßnahmen von der Ersten Hilfe bis zur klinischen Behandlung diskutiert werden.

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20.02.2009, 20:41
Ich denke mal jeder von euch kennt das. Diese belastenden Einsätze... Es muss nichts großes gewesen sein... Kein VU oder ein schwer verletzer... Manchmal reichen schon kleinigkeiten... Wieso hab ich das nicht bemerkt... oder wieso hab ich das nicht gesehn... hätt ich doch blos...

Ich habe neulich erlebt wie ein kleines kind vor ein auto gerant ist... die fahrerin hat geistes gegenwärtig reagiert und dem kind is nichts passiert... trotzdem ich war leichen blass... ich hab das kind gesehn und dachte noch hoffentlich rennt es nicht über die straße...die fahrerin war genauso blass... wir hatten alle ein schönen schock... mich hat das lange beschäftigt... ich war froh das ich meine kollegen vom kriseninterventionsdienst zum reden hatte.

wie geht ihr mit für euch belastende einsätze um?
Menschlich zu handeln, sich gegenüber anderen Menschen menschlich zu erleben, das ist das größte Abenteuer, auf das du dich einlassen kannst. Im Sinne von Henry Dunant, dem Gründer der Rotkreuz-Bewegung, handeln wir. Überall und jeden Tag.

20.02.2009, 22:36
Also belastende Einsätze hatte ich viele im Laufe meiner Dienstzeit. Aber ich möchte euch heute mal von einer Übung, die wir mit unserem Löschzug am 18. Februar hatten, berichten. Am Ende dieser doch sehr realistisch gestalteten Übung bin ich doch für einige Zeit sehr nachdenklich geworden.

Die Hamburger Feuerwehr hat für ein halbes Jahr die Möglichkeit, auf einem wegen Bauarbeiten stillgelegten U - Bahnhof den Ernstfall zu proben. Es werden alle Wachen und Wachabteilungen ( 51 an der Zahl ) diese Übung absolvieren. Unten auf dem Bahnsteig, ca. 200m vom Eingang weg, wurde ein Feuer simuliert und es ist die Aufgabe, so schnell wie möglich einen Löschangriff bis zum Bahnsteig vorzunehmen. Zeitgleich muß aber noch eine Funkverbindung aufgebaut werden da im unterirdischen Tunnelbereich keine Funkverbindung nach außen möglich ist. Dazu gingen 2 Trupps a 3 Mann in den Bahnhof vor und es gelang ihnen auch die Aufgaben in einer respekablen Zeit zu meistern.
Nun wurde aber von der Übungsleitung ein Atemschutznotfall eingespielt. Ein Kollege des 1. Angriffstrupps war natürlich ganz unten am Bahnsteig verunfallt und musste nun gerettet werden. Der Sicherheitstrupp für die eingesetzten Kollegen hatte sich natürlich vorher oben am Eingang für ev. Notfälle ausgerüstet und bereitgehalten. Ich war der Truppführer dieser Einheit und ich bekam vom Zugführer den Auftrag,den verunfallten Kollegen von da unten rauszuholen. Meine beiden Kollegen im Trupp waren noch ziemlich jung und unerfahren aber ich kann es schon vorwegnehmen : sie haben sich tapfer geschlagen. Als wir nun zum völlig verqualmten und stockdunklen Bahnhof vorgedrungen waren fanden wir die beiden Kollegen des Angriffstrupps mit dem verunfallten Kollegen. Wir begannen sofort mit der Vorbereitung der Rettung des Kollegen was etwas Zeit in Anspruch nahm. Nun begann der schwierigste Teil der Rettung,nämlich der Abtransport nach oben. Wir mussten über den langen Bahnsteig laufen bis wir dann zu der Rolltreppe kamen, dies war der einzige Weg nach oben. Diese Treppe war aber sehr lang und steil ( nach der Übung hatten wir das Übungsgelände besichtigt ) und hier kamen wir alle doch sehr schnell an unsere physische Leistungsgrenze. Es waren nach der Treppe noch einige Meter zu laufen und oben angekommen waren wir doch alle für ne Zeit ziemlich groggy.

Ich war doch sehr erschrocken dass man körperlich so schnell abbaut aber es waren ja auch schwierigste Bedingungen. Mir fiel dann auch schlagartig ein, wie wichtig doch körperliche Fitness für diesen Job ist. In ein paar Tagen werde ich 52 Jahre alt und ich hätte diese Aufgabe nie und nimmer geschafft wenn ich nicht dienstlich und privat einiges für meine Fitness tun würde.

Was hat mich hier nach dieser Übung nun gedanklich belastet? Der Übungsleiter hat uns bei der Nachbesprechung erzählt, dass wir bis dato von allen Wachen, die diese Übung absolvierten,fachlich am besten gearbeitet und die Rettung des verunfallten Kollegen in der mit Abstand schnellsten Zeit durchgeführt hätten. Einige Übungen mussten sogar abgebrochen werden weil die Kollegen des Rettungstrupps unterwegs selbst vor Erschöpfung zusammengebrochen waren. Und die waren zum Teil 25 Jahre jünger als ich ... Ich stell mir jetzt mal vor,ich bin als Angriffstrupp in einem weitläufigen Gebäude eingesetzt, mir passiert dann was und ich muß gerettet werden. Wenn dann solche Luschis kommen und unterwegs selbst kollabieren dann tschüss Onkel Jürgen ...

Das hat mich doch ziemlich beschäftigt und tut es auch heute noch. Gestern habe ich unsrer Führung einen Bericht über meine persönlichen Erfahrungen und Empfindungen bei dieser Übung geschrieben und bin mal auf die Antwort gespannt ...

Ich hoffe nun euch nicht zu sehr gelangweilt zu haben, aber ich dachte es interessiert ev. doch jemand ...

Gruß Jürgen

20.02.2009, 22:50
Am 12.05.2006 ist bei uns ein Feuerwehrmann bei einem Einsatz ums Leben gekommen.

http://feuerwehr-ibbenbueren.de/?content=bericht&id=330

Mich persönlich hat dieser Einsatz sehr belastet, da mein Vater selbst bei der Feuerwehr ist und uns (DRK EE) der Name des Verunglückten nicht bekannt war.

20.02.2009, 23:18
Hi,

bei uns kommt regelmäßig ein Notfallseelsorger vorbei, mit dem wir über solche Einsätze reden können.
Wenn nötig auch im Einzelgespräch und über ein zwei mal hinaus.

mfg
Regel 3: Bei Herzstillstand zunächst den eigenen Puls fühlen.                                                                                                                                                   House of God

20.02.2009, 23:36
Ich denke oft länger über Einsätze nach, in denen neue Situationen aufgetaucht sind, wie z. B. mein 1. Kindernotfall, bei dem das Kind - 1 1/2 Jahre - die BetaBlocker-Tabletten seiner Mutter gegessen hat. Es ist nichts passiert, das Kind kam zur Überwachung ins Krankenhaus - zum Glück.
- 21 Jahre jung oder alt, suchts euch aus
- Bereitschaftlerin in der Funktion als Rettungsassistentin und Jugendwart
- FeuerwehrFRAU
- Auch wenn ich sage das es mir gut geht, wissen bestimmte Leute das ich sie angelogen habe.

20.02.2009, 23:57
Es gibt halt immer Sachen, die einen belasten, mich v.a. die ganzen Suizidgeschichten, weil ich dann nie genau weiß, wie ich mich am besten verhalten soll, egal ob der Pat. berlebt oder nicht. Man halt in dem Job aufpassen, dass man immer eine Distanz zum Geschehen wahrt.

...

21.03.2009, 19:12
jop ...
aber nicht nur im "job" gibt es solche belastenden einsätze.

was mich jetz (bzw. am do.) auch sehr mitgenommen hatte war, das ich meinen eigenen opa reanimieren müsste. er hat es aber leider nicht mehr geschafft. :(

hier war ich aber auch froh, dass mein normaler einsatzleiter auch immer ein offenes ohr für private geschichten hat und auch möchte das wir sowas durchgemacht haben anstatt uns ggf "fertig zumachn" mit ihm sprechen.
EDEL SEI DER MENSCH, HILFREICH UND GUT!!!

Sanitäterin A+B des BRKs
Ausbilderin Grundlagen Betreuungsdienst
und Mädchen für alles...

&Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenschwester :)

21.03.2009, 19:23
Kein belastender Einsatz, aber wir machten heute Sanitätsdienst bei der Eröffnung eines Kinderhospizes, ich war noch nie in einem solchen und war erst ein Mal geschockt, als ich die Zimmer der Kinder gezeigt bekam: Da standen nahezu ausnahmslos nur Gitterbetten. Mein Trost war nur: so kann man den Kindern und deren Familien wenigstens noch einen Lichtblick in der langen Zeit des Leidens geben.

27.03.2009, 10:36
Ich hatte Glück, da mein Schulleiter von der RD Schule Notfallseelsorger ist und ich mit ihm reden konnte...

Ich fand es seltsam als wir im Nachtdienst zu einem VU gerufen wurden und ich erstmal davon ausgegangen bin, dass nichts passiert ist und es dann doch anders war. Ein 17-Jähriges Mädchen ist bei Rot über die Ampel, hat dabei Musik gehört und ein herannahendes Auto nicht gesehen und von diesem erfasst worden...
Das komische war für mich, dass ich genauso mit Musik über die Straße gehe und nicht immer bei grün... Ich glaub ich hab die ersten Wochen danach immer nach rechts und links geguckt ob auch wirklich kein Auto kommt.

Ich denke mit der Zeit kann man mit dem Meißten irgendwann umgehen, , wenn nötig halt mit jemandem darüber reden, der das verstehen kann....
Elena - 20 - ex.-SSDlerin *heul* - RAiP

27.03.2009, 16:20
Wir hatten vor kurzem eine 22-Jährige nach Suizid, war leider nichts mehr zu machen. Dieses Zimmer war ein grausamer Anblick (Laptop an, studivz noch offen, Uni-Sachen lagen rum...) und ich merk in solchen Momenten irgendwie immer wieder, dass ich doch anders drauf reagiere als ich's mir vorher vorstelle. Aber ich muss auch sagen, dass es nach ein paar Stunden wieder ging. Ich denk manchmal dran, aber man kann nicht alle retten.



Wie heißt es doch?

Gib mir Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
gib mir den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und gib mir die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Patrick - 20 Jahre - SSD und RD

27.03.2009, 17:09
Hallo Forengemeinde,
ich darf an dieser Stelle vielleicht von einem Unfall der sich am letzten Samstagabend bei uns in der nähe zwischen den Orten Zweifall und Mulartshütte ereignet hat:

Unfall Zweifall

Wir waren vom THW aus unterwegs und wollten Kameraden die gerade in einem anderens Ortsverband zur Basisausbildung 1 ausgebildet wurden noch einge Sachen bringen. Während der fahrt hatten wir den Funk laufen und als wir kurz vor Zweifall waren haben wir die alarmierung eines NEF zu einem VU mit Kradfahrer mitbekommen und da wir ca. 1 km vor Zweifall waren haben wir uns der Leitstelle zur Absicherung angeboten. Dazu kam das wir zu 4 waren und 3 davon ausgebildete Notfallhelfer (einschließlich mir). Da bekammen wir von der Leitstelle gesagt , wir sollten mal als first Responder fahren und Rückmeldung geben. Also sind wir durch den Ort durch und waren nach knapp 1 1/2 Minuten da. Für uns war dieser Einsatz quasi so eine Art Premiere, da wir die Ausbildung erst Anfang des Jahres gemacht hatten. Es sind dann einschließlich mir 2 von uns zu dem recht jungen Patienten und haben angefangen unser erlentes Programm abzuspielen bis zur Reanimation (an dieser Stelle war uns warscheinlich allen klar, dass wir kaum Chancen haben(schweres SHT,verm. Schädelbasisfraktur,hoher externer Blutverlust, verm. Fraktur der HWS (das waren so die Verletzungen die uns schon bei der Helmabnahme aufgefallen waren))), welche wir dann fortgeführt haben bis RTW und dann auch NEF da waren und die Notärztin meinte wir können aufhören zu drücken.
Bis dahin war noch alles "gut" aber kurze Zeit später müssen Angehörige an der Einsatzstelle angekommen sein, die dann vom Tode erfahren haben müssen. Und dann hat vermutlich die Mutter einen Schrei ausgestoßen der durch ganz Zweifall gegangen sein muss.
Da hätte ich mir gewünscht wir hätten den Patienten retten können.

Die RTW Besatzung hat uns dann angeboten das wir noch das erledigen sollten was wir eigentlich vor hatten und dann nachher noch auf die Wache kommen sollten um nen Kaffee mit dennen zu trinken. Da kam dann sogar noch eine Notfallseelsorgerin zu, was ich persönlich auch sehr gut und hilfreich fand. Wir haben dann noch festgestellt das Der Einsatz -den Umständen entsprechend natürlich- besser nicht hätte laufen können. Was aber leider der Mutter ihren Sohn auch nicht wieder bringt.


Gruß Matthias
Wir, die Willigen, geführt von den Unwissenden, tun das Unmögliche für die Undankbaren.
Wir haben solange soviel mit sowenig getan, dass wir inzwischen in der Lage sind, alles mit nichts zu tun.

20.05.2009, 21:46
also was mich am meisten beschäftigt hat bisher, war eigentlich ne ziemliche lapalie....ok ich bin zwar erst 14 aber trotzdem:
Nach der Pause geben wir unseren San.- Raum Schlüssel im Sekre. ab. Gut bis hierhin. Ich trug mich in die Schlüsselliste ein und wollte rausgehen, da hör ich hinter mir einen dumpfen Schlag. Ich drehte mich um und die Schülerin die Grad noch telefoniert hat (weiß gott warum) lag nun aufeinmal auf dem Boden. Meine beiden Teamkollegen waren noch vor der Tür und haben die Sache dann ziemlich schnell in die Hand genommen, ich stand mehr oder weniger daneben.
Es war nur ein "lächerlicher" Schwächeanfall, aber das war das erste mal für mich, wo einer nicht wie bei der Übung einen angegrinst hat, als man den Puls fühlen wollte.

Das liegt jetzt nun fast 1 1/2 Jahre zurück und mittlerweile hab ich einie Erfahrungen sammeln können. Aber das war einer meiner ersten Einsätze im SSD und mein bisher "Spannenster".


lg Corvin
musik ist nie zu laut.......

01.06.2009, 16:42
Also mein "spannenster" Einsatz war ein Atemstillstand.

Wir waren in der grossen Pause wegen eines Einsatzes davor im SAN-Raum und haben den alten Fall besprochen. Da kam ein Lehrer mit einer 6-Klässlerin rein, welcher schwindelig und schlecht war. Sie hatte einen Apfel gegessen und seitdem bekommt sie zunehmende Atemnot und schwindel.

Sie ist uns dann relativ schnell umgekippt mit direktem Atemstill stand, die Atemwege waren aber noch einigermaßen Frei und eine Beatmung war gut möglich.
RD und NA haben sie ins nächste Krankenhaus gebracht.

Die Patientin war ein paar Tage zur Kontrolle im Krankenhaus und durfte dann den Schulalltag wieder aufnehmen.

Liebe Grüsse
SSDboy
17 Jahre | SanC | Schulsanitäter | Leiter SSD | Bereitschaft'ler | RUD A&B | RHS'ler | Ausbildung in 1 Monat folgend ... Rettungshelfer |

01.06.2009, 18:11
Also ich denke es geht hier nicht darum, wer bis jetzt den spannensten Einsatz hatte oder was bei euch bisher das Highlight war, sondern wie man mit einer belastenden Situation umgegangen ist,gehen würde oder gehen sollte.

Ich hatte bei einem Einsatz auch schon einmal ne ziemlich miese Situation und da ist es einfach am besten, wenn man den Einsatz danach nochmal mit den eingesetzten Kollegen oder auch jemand anderem durchspricht. Man muss schließlich kein Held sein, sondern ist ein Mensch wie jeder andere auch.
Rettungshelfer
SEG | First Responder | San-Dienste

01.06.2009, 18:24
Ich bin zwar nicht im Rettungsdient tätig aber auch im SSD macht man sich nach manchen Einsätzen Gedanken....
Wenn es bei uns mal so weit ist, dass wir uns immer weiter Gesdanken um einen Einsatz machen und nicht wissen was wir noch hätten tuen sollen/können oder uns Vorwürfe machen ,weil wir unserer Meinung nach nicht genug gemacht haben ...ist für uns immer unser Ausbilder da ....Jeder kann zu ihm gehen und einfach reden aber nicht nur er sonderen auch die Sanis unter sich sind füreinander da und unterstützen sich , alle versuchen sich gegenseitig zu helfen.
Komme aus der Nähe von Bonn bin in der Jugendfeuerwehr, dem Thw und dem SSD (SanH)unserer Schule tätig bin 16 Jahre alt =) :D =)

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