Güdeltubus

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14.01.2016, 20:03
ich denke, ein Guedeltubus oder Wendeltubus ist für den SSD völlig ausreichend. Im RD wird der Larynxtubus teilweise sehr kritisch gesehen.
14.01.2016, 20:24
Von wem denn?
14.01.2016, 21:14
es gibt Studien, die eine häufige Verletzung des Gaumen sehen.
14.01.2016, 21:59
Es gibt in der Tat Fallberichte, die von Druckschäden (Drucknekrosen) durch die geblockten Cuffs im Rachenraum (Gaumenbereich) berichten. Diese sind mir persönlich z. Zt. allerdings nur aus der Pädiatrie (Kinderheilkunde) bekannt. Das Klinikum Itzehoe bevorzugt daher anstelle der Kleinkinder-Larynxtuben in der Notfallmedizin den Tiefen Rachenraumtubus.

Prinzipiell sei hierzu gesagt: Der Hersteller empfiehlt die Blockung der Larynxtuben mit einem Kontrollinsufflator (Cuffdruckmessgerät) vorzunehmen. Diese Geräte sind in der Klinik weit verbreitet.

Leider sind die beschaffenden Stellen in der Präklinik (Rettungs- und Sanitätsdienst) oftmals zu geizig, solche Geräte anzuschaffen. Daher wird hier oft die mitgelieferte Spritze verwendet. Dieses Phänomen gibt es übrigens nicht nur bei Larynxtuben, auch die Endotrachealtuben werden noch vielerorts blind mit einer 10 oder 20 ml-Spritze geblockt. Auch bei den ET-Intubationen kommt es daher zu Druckschäden in der Luftröhre.

Mich würden daher mal die Originalquellen der angesprochenen Studien interessieren. Bitte mal veröffentlichen, damit ich mir die PubMed-Suche sparen kann...

In der Notfallmedizin, in der der Larynxtubus vornehmlich eingesetzt wird, haben wir es immer mit einer Interessensabwägung bei Vor- und Nachteilen einzelner Hilfsmittel zu tun.

Für mich steht "Luft sicher in den Patienten reinkriegen" im Vordergrund, gerne noch mit einem gewissen (eingeschränkten) Aspirationsschutz. Wenn dadurch vereinzelt Drucknekrosen entstehen, nehme ich das gerne in Kauf. Insbesondere müsste hier bewertet werden, ob diese Drucknekrosen zu einer Veränderung der Überlebensrate der Notfallpatienten führen (Endpunkt: Tod des Patienten). Alles andere wäre mir in Notfallsituationen egal.

Für mich hat momentan der Guedeltubus nur noch als Rückfallebene seine Daseinsberechtigung, sofern ein LT zur Verfügung steht.

Gerne warte ich da aber die Ergebnisse der angesprochenen Studien ab, um meine Meinung ggf. neu zu überdenken.
14.01.2016, 22:38
Der LT hat zwei entscheidende Nachteile - aber die Möglichkeit von Gaumenverletzungen (die ohnehin völlig irrelevant wären. Merke: Mund und Po heilt sowieso) gehört nicht dazu.

Erstens hat sich gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Platzierung nicht in dem Bereich liegt, den man früher in der Anfangseuphorie angenommen hat. Die Erfolgsquote liegt in etwa im Bereich der Larynxmaske. Der Nachteil (OK - eher für die Profis relevant....) ist, dass man den LT nicht wirklich "trainieren" kann, da er für eine routinemäßige Atemwegssicherung nicht zugelassen ist. Die Anwendung der Larynxmaske kann man in der Anästhesie - z.B. im Rahmen eines Praktikums - trainieren, solange man lustig ist. Beim LT funktioniert das nicht.

Zweitens haben Untersuchungen am Tiermodell und (ohne Garantie) am Gesunden gezeigt, dass der LT die Arteria carotis um etwa 50% einengt. Das ist beim Gesunden völlig irrelevant - vielleicht aber nicht beim kranken Patienten. Vielleicht ist das die Begründung, warum das Outcome des LT bei Reanimation (allerdings in Abhängigkeit vom Training des Anwenders) schlechter ist, als das der endotrachealen Intubation. Der LT ist keine Alternative zur Intubation - er ist eine Alternative zur Maskenbeatmung.

Was bedeutet das nun? Wenn ich eine Person mit minimalem Training betrachte, wird diese wahrscheinlich eine höhere Erfolgsrate bei der Platzierung des LT haben, als eine erfolgreiche Beutel-Masken-Beatmung zu erreichen. Insofern verstehe ich nicht, was gegen die Anwendung durch Sanitäter sprechen soll. Allerdings muss man eben kritisch prüfen, ob die Einlage jetzt erfolgreich war oder nicht und ggf. lieber zu Plan B wechseln als einen schlecht liegenden LT zu verwenden.
14.01.2016, 23:30
Oh je, nun war ich doch neugierig und habe mich mal an die Arbeit gemacht um nach "Schädigungs-Studien" durch den Larynxtubus-Einsatz zu suchen.

Das ganze verlief jetzt eher als Schnellsuche ohne Anspruch an höhere Qualität, ich bin aber trotzdem fündig geworden:

Hier die Zielgruppendefinition:
P (ersonen): Beatmungspflichtige Patienten mit durch die Intubationsmethode entstandenen Schäden in Rachenraum oder Atemwegen
I (ntervention): Einsatz eines Larynx-Tubusses beliebiger Generation
K (ontrollgruppe): Beatmungspflichtige Patienten mit den Interventionen "Beutel-Masken-Beatmung" oder "Endotracheale Intubation"
E (rgebnisparameter): Primärer Endpunkt: Tod des Patienten, Sekundäre Endpunkte: Drucknekrosen durch Intubationsvorgang, Aspirationsrate

Wie gesagt: Auf die Schnelle zur Erstorientierung war die PubMed-Suchstrategie denkbar einfach. Ich habe keine Bedingungen, größeren Verknüpfungen oder MeSH-Terms benutzt. Die Suche lautete:

("injuries") AND ("laryngeal tube"). (Hoffentlicht schaut hier keiner meiner ehem. Uni-Dozenten zu...)

Die recht unspezifische Suche ergab 15 Studien, deren Zusammenfasung (Abstract, sofern öffentlich verfügbar) von mir gesichtet wurde, und anhand der EIn- und Ausschlusskriterien blieb am Ende nur eine Studie übrig:

Safety and feasibility of the laryngeal tube when used by EMTs during out-of-hospital cardiac arrest.
Roth D, Hafner C, Aufmesser W, Hudabiunigg K, Wutti C, Herkner H, Schreiber W.
Am J Emerg Med. 2015 Aug;33(8):1050-5. doi: 10.1016/j.ajem.2015.04.048. Epub 2015 Apr 29.

Eine zweite Studie klang von Titel her sehr vielversprechend, hier wurde jedoch kein Abstract veröffentlicht. Ausserdem erschien der Beitrag nur in einer kleinen lokalen Zeitschrift:
Pharyngeal mucosal injury associated with subcutaneous emphysema caused by laryngeal tube.
Di Giacinto I, Adversi M, Pigna A, Garroni M, Melotti RM.
Minerva Anestesiol. 2013 Nov;79(11):1313-4. Epub 2013 May 29. No abstract available.
Daher konnte ich hier keine Ergbenisse einfließen lassen.

Die einzige näher betrachtete Beobachtungsstudie (n= 517 Patienten, kein besonders hohes Evidenzniveau) ergab folgende Verteilung der Atemwegssicherungsmaßnahmen im Rahmen einer Wiederbelebung durch einen amerikanischen Rettungsdienst:
395 LT-Intubationen, 74 Beutel-Masken-Beatmungen und 48 Fälle, in denen ein bereits gelegter LT wieder entfernt wurde und eine Beutel-Masken-Beatmung durchgeführt wurde.

Insgesamt wurden hier fünf Verletzungen durch den LT beobachtet, die jedoch nicht näher beschrieben werden. Ebenso erfahren wir im Abstract nichts über die Relevanz der Verletzung für den Ausgang des Falls(Endpunktbezug).

Interessant ist aber ein anderer Punkt: Hier ging es um Regurgitation, also das Hochsteigen von Mageninhalt mit anschließendem Eindringen in die Atemwege (Aspiration). Die Regurgitation fand respektiv in acht Fällen statt, bei denen ein LT eingesetzt wurde (n=8/395), jedoch bei 22 (!) von 74 Patienten, die Beutel-Masken-Beatmet wurden und bei 8 von 48 Fällen, in denen ein LT wieder entfernt wurde und Beutel-Masken-Beatmet wurde. Die Regurgitation kann als gravierende, lebensgefährliche Komplikation angesehen werden, da möglicherweise (unbemerkt) eine Atemwegsverlegung stattfindet oder es durch die angeatmente Nahrung zu einer Lungenentzündung kommen kann.

Hier zeigt sich, dass der LT-Einsatz eine wesentlich niedrigere Regurgitationsrate im Vergleich zur Beutel-Masken-Beatmung hat. Er ist daher vorzuziehen. Die Verletzungen durch den LT erscheinen nebensächlich.

Wenn ich Zeit finde, werde ich hier meine Suche nach Ergebnissen noch mal intensivieren und die Suchstrategie perfektionieren.
14.01.2016, 23:46
Guckt mal nach M. Bernhard et al.

Dennoch ist der LT fester Bestandteil, mit Vor und Nachteilen wie alles in der Medizin.
15.01.2016, 00:01
"CONCLUSION:

Although the laryngeal tube is considered to be an effective, safe, and rapidly appropriable supraglottic airway device, it is also associated with adverse effects. In order to prevent tongue swelling, after initial prehospital or in-hospital placement of laryngeal tube and cuff inflation, it is important to adjust and monitor the cuff pressure"

Wie gesagt... :good:

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