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Notfallszenarien für Ersthelfer bis Rettungsdienstmitarbeiter.

Foren-Übersicht Erste Hilfe, Rettung und Medizin Fallbeispiele

16.08.2009, 21:45
Hallo Don!

Von beiden Punkten nehme ich mir gerne etwas an.

In der Realität hätte ich auch sicher mit angegeben, was der Patient noch gemacht hat, wenn er denn noch was gemacht hat.
Hier im FB war die Angabe aber lediglich

Person ist nicht ganz bei Bewusstsein, also soporös.


Und das habe ich eben entsprechend versucht weiterzugeben.

Betreffend der Übergabe hab ich es so gelernt:

1. Was haben wir vorgefunden
2. Wie war die Entwicklung
3. Was haben wir gemacht
4. Was ist vorbereitet/war noch geplant

Damit bin ich bis dato immer ganz gut gefahren.
Aber du hast natürlich Recht, in der Rea-Situation ist es sicher wichtiger, wie der aktuelle Rhytmus aussieht als die Vorgeschichte.

Möchtest du die weitere Versorgung des FB-Patienten übernehmen?

Ansonsten bitte Manöverkritik!

Danke!

19.08.2009, 13:18
Was ich noch zu bemängeln hätte. Wenn ihr wisst, das sie gestürzt ist, warum legt ihr dann keinen Stfineck an? Gut, sie war eher bewusstlos als was anderes, aber was mir komplett gefehlt hat war der Guedeltubus.
Der Wärmeerhalt kam viel zu spät. Es ist spät Abends da ist es nicht mehr so warm, die Patientin hat evtl. e inen Beckenbruch und kühlt damit evtl. noch scheller aus.
Und ihr hättet sie gleich am Anfang ins Auto i-wie bringen können.
- 21 Jahre jung oder alt, suchts euch aus
- Bereitschaftlerin in der Funktion als Rettungsassistentin und Jugendwart
- FeuerwehrFRAU
- Auch wenn ich sage das es mir gut geht, wissen bestimmte Leute das ich sie angelogen habe.

19.08.2009, 15:41
Auf den Stifneck habe ich verzichtet, weil durch die Bewusstlosigkeit eine stabile Seitenlage her musste. Beides zusammen geht nicht.

Im Anschluss daran, muss man einfach sehen, welche Maßnahmen wie sinnvoll in welcher Reihenfolge sind.

Der Wärmeerhalt kommt da meiner Meinung nach erst dann zur Geltung, wenn alle lebensrettenden Maßnahmen abgeschlossen sind und ich mir einen Überblick verschafft habe. Gleiches gilt auch für einen Transport ins Fahrzeug.

19.08.2009, 18:40
Klammern wir mal den Ausbildungsstand aus und reden mal insgesamt über die medizinische Versorgung und die Optimierungsmöglichkeiten in diesem Fallbeispiel.

Zum Thema Bewußtseinslage habe ich mich schon geäußert.

Wir hatten eine Patientin, die nach einem vermutlichen Sturzereignis bewußtlos und im Verlauf reanimationspflichtig wurde. Ich nehme an, Buschi ging von einem Volumenmangel aus und begann mit der Infusion von kristalloider Lösung. Ich weiß dass man als Sani auf Kristalloide Lösung beschränkt ist, aber man sollte von dieser Maßnahme nicht allzuviel Erfolg erwarten. Gemäß der Verteilung der freien Flüssigkeit im Körper verbleiben nur 20% der infundierten kristalloiden Lösung im Gefäßsystem. Der Rest verschiebt sich in Bereiche, in denen man ihn nicht haben will. Gerade bei einem angenommenen Schädel-Hirn-Trauma ist dies suboptimal, da ein eventuelles Hirnödem (welches sich, wenn nicht schon vorhanden, entwicklen wird) hierdurch verschärft wird.

Schade an den Fallbeispielen ist irgendwie, dass der Teil, aus dem man etwas lernen könnte, meist erst später kommt.

Wenn wir mal nur diesen Patienten hier betrachten und das, was wir bisher von ihm wissen - welche Ursachen kommen denn für die Verschlechterung und den Kreislaufstillstand in Frage, hätte man diese Verschlechterung verhindern können oder wie hätte man denn die Ursache behandeln können?

Off-Topic: Im Gegensatz zum Rettungsdienst sind die meisten klinischen Reanimationssituationen eigentlich vorhersehbar, nur werden die Anzeichen für die Verschlechterung des Patienten übersehen.
Es ist Dein Recht, Waffen abzulehnen. Es ist Deine Freiheit, nicht an Gott zu glauben. Aber wenn jemand in Dein Haus einbricht, sind die ersten beiden Dinge, die Du tun wirst: Jemanden mit einer Waffe rufen und beten, dass er rechtzeitig da ist.

22.08.2009, 00:59
erstmal @Minnyle:
Auf den Guedeltubus verzichte ich gerne, solange der Patient vernünftig atmet. Grade in der Seitenlage ist der m.E. auch so gut wie überflüssig, da durch das Überstrecken des Kopfes der gleiche Effekt bewirkt wird. Erst bei einer Beatmung wird der Guedeltubus eingesetzt, sollte ansonsten keine vernünftige effektive Beatmung möglich sein.
Soweit vorhanden und möglich (bei einem SHT lieber nicht) bevorzuge ich aber dann auch den Wendeltubus.

Einen Beckenbruch mit dermaßen massivem Blutverlust hätte man aber beim Bodycheck durch ein instabiles Becken erkennen müssen. Das war nicht der Fall.

Ich stimme dir aber zu, dass der Wärmeerhalt definitiv zu spät kam.

dann @Don:
Richtig, ich vermutete einen Volumenmangelschock, habe deshalb auf Volumengabe gesetzt. Vielleicht hast du gemerkt, dass ich damit zunächst zurückhaltend war und z.B. erst zur Druckinfusion übergegangen bin, als die Kreislaufwerte des Patienten sich massiv verschlechterten.
Der Hinweis auf ein dadurch begünstigt entstehendes Hirnödem ist sicher richtig. Trotzdem habe ich als Sani (SB) keine andere Wahl. Ich habe mich hier (auch wenn das Wissen betr. des Hirnödems nur noch im Hinterkopf vorhanden war) für "threat first what kills first" entschieden.
Wie wäre dein Ansatz gewesen?

Die Ursache für die dramatische Entwicklung würde mich aber auch interessieren.
Eine Einblutung in Bauch oder Becken wäre mein erster Gedanke gewesen, aber das wurde beides beim Bodycheck ausgeschlossen.

Tante Edith sagt: Ein neurologischer Schock käme evtl. mit Blick auf die Prellmarken an der HWS und das SHT noch in Frage...
Zuletzt geändert von Buschi am 22.08.2009, 01:03, insgesamt 2-mal geändert.

22.08.2009, 14:00
@Buschi:

Ich verstehe absolut, dass man als Sani sehr beschränkt ist in seinen Handlungsmöglichkeiten.

Nehmen wir einmal an, das Problem des Patienten wäre ein Volumenmangel. Ein instabiles Becken oder eine Abwehrspannung im Abdomen lagen anscheinend nicht vor. Allerdings wurde angegeben, dass der Patient Rippenfrakturen hat. Wenn ich mich täusche hat nun die Untersuchung gefehlt, ob denn nun seitengleich ein Atemgeräusch vorliegt. Ein Hämatothorax wäre sowohl hinsichtlich des Verletzungsmusters als auch der Klinik plausibel.

Wie ich oben schon geschrieben habe, halte ich eine Volumentherapie mit kristalloider Lösung für sehr ineffektiv. Hierfür stehen dem Rettungsdienst Alternativen wie Häs oder besser Hyperhäs zur Verfügung. Diese Lösungen verbleiben (im Volumenmangel) komplett im Gefäßsystem bzw. ziehen noch Volumen aus dem Intra-/Interzellularraum an (Hyperhäs). Somit hat man eine wesentlich bessere Volumenwirkung bei geringeren Nachteilen für den Patienten.

Nochmal - ich weiß, dass Ihr auf Kristalloide beschränkt seid.

Noch ein zweiter Mechanismus für den Herz-Kreislaufstillstand würde mir einfallen. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass sich ein Spannungspenumothorax ohne künstliche Beatmung entwickelt, aber unmöglich ist es auch nicht.

Ein neurologischer Schock wäre auch möglich. Auch hier wären Euch, abgesehen von den üblichen Basismaßnahmen, die Hände weitgehend gebunden. Eine kausale Therapie wäre die Behandlung der inadäquaten Gefäßweitstellung durch einen Vasopressor wie Noradrenalin. Eine Volumengabe würde sicher den Blutdruck erhöhen, aber im weiteren Verlauf Probleme schaffen, denn der Patient hat ja genug Volumen, er hat nur zuviel Gefäß.

Ich wollte aber nochmal auf die reversiblen Ursachen für einen Kreislaufstillstand heraus. Zwei habe ich schon genannt. Wie lauten denn die anderen 6 ?
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23.08.2009, 00:33
@Don: Ein Lob vorweg: Ich finde deine Beiträge hier sehr lehrreich. Danke dafür!

Eine Volumentherapie mit kristalloiden Infusionen mag relativ ineffektiv sein, aber effektiver als nichts...
Haes und Hyperhaes fallen für mich als RettSan ja auf jeden Fall raus... Genau wie z.B. Noradrenalin, um darauf auch direkt mal einzugehen...

An reversiblen Ursachen fallen mir spontan noch ein:

- Vergiftung (Intoxikation)
- Unterkühlung (Hypothermie)
- Volumenmangel (Hypovolämie)
- Hypoxy (Sauerstoffmangel)

Fehlen noch zwei...

Möglicherweise ungleich belüftete Lungen (Hämatothorax oder Spannungspneumothorax) hatte ich weiter oben ja schon in Verbindung mit dem Bodycheck erwähnt, bei V.a. Rippenfraktur ist es hier sicher sinnvoll auch mal das Stethoskop draufzuhalten...
Hatte aber eine Auskultation nicht explizit erwähnt.

Wie gesagt: Ich hab schon wieder was was dazugelernt und verschüttetes Wissen wieder hervorgekramt! ;)
Zuletzt geändert von Buschi am 23.08.2009, 00:40, insgesamt 3-mal geändert.

23.08.2009, 11:12
Die reversiblen Ursachen für einen Herz-Kreislauf-Stillstand werden je nach didaktischem Modell als die 4Hs und 4Ts aufgelistet:

Hypoxie
Hypovolämie
Hypothermie
Hypo-/Hyperkaliämie (allgem. metabolische Störungen)

Toxine
Tensionpneumothorax (engl. Spannungspneu, ist halt doof wenn nicht alles mit H oder T anfängt...)
Tamponade (des Herzbeutels)
Thrombembolie (kardial oder pulmonal)

Wenn man sich also das Fallbeispiel nochmal vor Augen führt, kommen mehrere davon in frage.

Übrigens zur Prognose: Wenn es bei einem nicht defibrillierbaren Rhythmus nicht gelingt, eine dieser Ursachen zu finden und zu behandeln, sind die Überlebenschancen des Patienten nahezu gleich null.

Nochmal: Ich verstehe perfekt, dass ihr sehr limitiert seid in dem, was ihr anwenden dürft. Aber ich findes es hilfreich, auch über das Erlaubte heraus eine pathophysiologische Vorstellung zu haben, was man wo machen kann und warum was funktioniert und warum was eben nicht funktioniert.
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23.08.2009, 12:59
Original von Don Spekulatius
Nochmal: Ich verstehe perfekt, dass ihr sehr limitiert seid in dem, was ihr anwenden dürft. Aber ich findes es hilfreich, auch über das Erlaubte heraus eine pathophysiologische Vorstellung zu haben, was man wo machen kann und warum was funktioniert und warum was eben nicht funktioniert.


Da sind wir absolut einer Meinung!

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