Femurfraktur, Umlagerung ohne Analgesie

Hier könnt ihr erlebte Einsätze schildern und sie können von uns gemeinsam besprochen werden.

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08.02.2017, 23:06
Heute so erlebt: Ein älterer, etwas korpulenter Herr, der sehr schlecht sieht ( laut Frau noch 20% des Sehvermögens), übersieht einen, sich neben einem Gehweg befindlichen Pfosten (Ort: "Einkaufspassage", jedoch außerhalb, also kein Zentrum), läuft gegen jenen und stürzt. Er klagt über starke Schmerzen im Oberschenkel und da ich hier ganz klar eine RD-Indikation sehe, wähle ich die 112. Am Telefon, ein zur Abwechslung mal freundlicher Disponent, dem ich sage: "männlich, ca. 70 Jahre, klagt über Schmerzen im Oberschenkel nach Sturz, nach Möglichkeit NEF alarmieren zwecks Analgesie..." Zu meiner Überraschung kommt schon 3 min später der RTW. Die beiden (vermutlich) NotSan's gingen ganz nach "load and go". Dass sie schnell in den RTW wollten, konnte ich sehr gut nachvollziehen, der Patient lag auf dem kalten Boden, zudem bildete sich allmählich eine Menschentraube um das Geschehen. Jedoch muss man beachten, dass wenn der Patient die Schmerzen bei 9 einordnet, es schlichtweg nicht möglich ist, jenen ohne extreme Schmerzen auf die Trage zu bringen. Trotzdem baten sie zwei weitere Passanten um Hilfe, und versuchten es ohne Spineboard oder Schaufeltrage ( hätte sich meines Erachtens nach angeboten, Patient lag auf der Seite). Natürlich vermittelte der Patient recht schnell bei der kleinsten Bewegung, dass die Schmerzen unerträglich seien. Nach einem weiteren Versuch und einem erleuchtenden "ja, ist der Oberschenkel" woraufhin der Patient das Personal und Passanten massiv beschimpft hat, wurde final der Doc nachgefordert. Meiner Meinung nach war die Beschreibung des Patienten bereits eine NEF-Indikation, ich finde das Verhalten des RD's unzumutbar. Was meint ihr, schon ähnliches erlebt? LG
Zuletzt geändert von Adisch am 13.02.2017, 17:50, insgesamt 1-mal geändert.
12.02.2017, 13:42
Ich sehe aufgrund der Einsatzmeldung hier keinen Grund für die Alarmierung eines NEF. Der RTW war ja wirklich rasch vor Ort und konnte so die Lage entsprechend einschätzen. Wenn sich nun aufgrund von Unfähigkeit der beiden Rettungsdienst'ler oder eines wirklich heftigen Schmerzzustands eine Indikation zur Analgesie ergeben sollte ist der NA auch gleich noch nachgefordert (was ja auch geschehen ist). Du wirst dich wundern, wie viele Leute die 112 anrufen und explizit einen Notarzt verlangen...

Zu der Umlagerungstechnik kann und will ich aufgrund der fehlenden Infos keinen Kommentar abgeben. Die Anwendung der NRS halte ich jedoch bei einem Notfallpatienten nicht immer für wirklich glücklich....
12.02.2017, 22:19
Ich sehe hier initial auch keine NA-Indikation. Im Verlauf des Geschehens kann man diese Nachforderung nach deiner Schilderung gut rechtfertigen, aber Anfangs nicht wirklich.
Was sind starke Schmerzen? Auch noch laufende Patienten geben ihre Beinschmerzen teilweise mit 6-9/10 an. Dies wäre nach den Zahlen auf der Schmerzskala hier eine NA-Indikation, aber man muss ja auch den Patienten betrachten. Wenn ich Anfange, die Schmerzfrage zu stellen und der Patient mich anschaut und mir Schmerzen größer 9 verkaufen will (ja, es gibt auch Patienten die nach deren Einschätzung bei 12-13/10 liegen), dann ist immer große Vorsicht geboten.

Leider ist auf Laienhelfer wie auch auf Kollegen kein Verlass, was solche Meldungen angeht, daher sind die Disponenten bei so etwas eher vorsichtig. Ich kenne deine Region auch nicht und weiß nicht, wie viele NEFs dort verfügbar sind und wie schnell die beikommen. Wenn ich hier auf der Stadtwache fahre, wird eine NEF auch eher nicht mitgeschickt, da es ja schnell nachkommt. Wenn ich auf der Außenwache fahre, wo wir mit dem RTW schon einige Minuten durch den Wald fahren müssen zu manchen Ortschaften kommt auch mal früher eine NEF mit, damit es im Bedarfsfall da ist und man nicht erst eine halbe Stunde warten muss oder mühsam Rendez-Vous fahren muss.
"Wir essen jetzt Opa!"
Satzzeichen retten Leben!
13.02.2017, 17:58
Ich finde es absolut nicht verwerflich, dass der Disponent kein NEF geschickt hat. Bei uns gibt es ein NEF, 3 weitere liegen im 15min Umkreis, einen privaten Doc mit Hintergrund-NEF haben wir ebenfalls direkt in der Stadt. Jedoch ist meiner Meinung die Tatsache, dass die beiden RD'ler versucht haben, den Patienten umzulagern, absolut unzumutbar. Starke Schmerzen im Oberschenkel, auch in Anbetracht an das fortgeschrittene Alter und Körpergewicht sollten einen ja doch auf eine Oberschenkelfraktur schließen lassen und jener waren die beiden sich sicherlich bewusst. Vielleicht sehe ich das falsch, ich hätte den Patienten jedoch solange nicht bewegt, bis der Notarzt da gewesen wäre.
13.02.2017, 23:10
Mag in der Situation so gewesen sein - allerdings kann ich dir von Patienten berichten, die ich mit definitiv gebrochenem Oberschenkel(-hals) im Sitzen oder im Liegen, mal mit ganz schlimmen, mal mit gut tolerablen Schmerzen etc versorgt habe. Die Oberschenkelfraktur an sich ist für mich nicht zwingend eine NA-Indikation - wenn es denn ohne Schmerzmittel geht. Hier scheinen es die Rettungsdienstler vielleicht einfach ein wenig ungeschickt "angepackt" zu haben...
14.12.2017, 21:32
Schmerzen sind natürlich etwas sehr unangenehmes und nach Möglichkeit zu bekämpfen, allerdings stirbt man an Schmerzen nicht, an Unterkühlung allerdings sehr wohl. Mit den Möglichkeiten moderner Immobilisation (und ggf. einiger für NFS freigegebener Schmerzmittel) sollte es machbar sein, den Patienten zumindest von der Straße ins Auto zu bringen.

(So, wieder eine altes Thema aufgewärmt :crazy: )
BeitragDieser Beitrag wurde gelöscht durch gorld am 29.06.2023, 15:11.
15.06.2023, 06:56
cayluoiho hat geschrieben:Ein Oberschenkelbruch erfordert sofortige ärztliche Hilfe[url]LINK IN PKT entfernt[/url]


Weshalb sollte das so sein?


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