RD nach kurtzer Bewusstlosigkeit

Hier könnt ihr erlebte Einsätze schildern und sie können von uns gemeinsam besprochen werden.

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08.07.2010, 17:41
Die Frage ist ob ihr an unserer Stelle auch den RD gerufen hättet...?


Also kurz die Situation Schildern...

um ca. 8.20: "Sanitaeter bitte in den Kunstraum"
8.22: Ich und 2 Kollegen sind am Kunstraum angekommen. In der Ecke des Raumes sehen wir eine Menschentraube die uns aufgeregt anschaut und herwinkt. 1 Sani wird losgeschickt um unsere Tasche zu holen.
Die Patientin liegt auf dem Boden hinter der Werkbank, die Lehrerin erzählt uns dass die Patientin sich überstarken schwindel beklagt hätte und über einen schmerzenden schnitt. Daraufhin ist die Lehrerin schnell zu ihr gegangen und kam noch gerade rechtzeitig um sie abzufangen, und auf den Boden zu legen. Schon nach wenigen Sekunden (ca.5 sec.) kam sie wieder zu sich und beklagte sich immernoch über starken Schwindel.
8.23 Tasch+ 3. Sani trifft ein Blutdruck liegt bei 90:65 Puls: 64
Während des messens erzählt die Patientin dass sie genug getrunken und gegessen hat (weiß nicht mehr genau was klang aber im vergleich zu meinem Frühstück wie ein Festmahl :P) Sie hätte sich nur beim schnitzen ein kleinen Schnitt zugefügt. Der Schnitt war eigentlich nur ein kratzer ca.5mm lang und es wahr kein Blut zusehen. Patientin wird in Schocklage gelegt (Schulranzen unter die beine) und bei Bewusstsein behalten durch ansprechen.Wegen der Synkope und des niedrigen Blutdrucks haben wir dann zu dritt entschieden die 112 zu Alarmieren dies haben wir auch vorher der Lerkraft gemaldet und die war mit uns gleiche Meinung.
8.30 RTW trifft ein und übernimmt nach kurzer Einweisung.

Sooooooo

dann sind wir zum Saniraum gegangen um das Protokoll zu schreiben aber auf dem wegdahin wurden wir von einer ziemlich schlechtgelaunten Sekretairin. Grund zur schlechten Laune ist der von uns alarmierte Rettungsdienst, dieser sei viel zu teuer und unnötig gewesen...

FRAGE: Wie hättet ihr gehandelt?

08.07.2010, 17:50
Jepp, zu teuer und unnötig.

Das was ihr erlebt habt, ist wahrscheinlich eine (vasovagale) Synkope, also eine kurzzeitige Bewußtlosigkeit durch Flüssigkeitsmangel oder temporäre Gefäßweitstellung (z.B. Psycho-Reaktion auf den "Schnitt").

Wahrscheinlich hätte es gereicht, die Dame im Sanitätsraum hinzulegen und die Beine hochzulagern.

Nach einiger Zeit sollte sich der Kreislauf wieder normalisieren. Solche Einsätze stellen keine Seltenheit dar und kommen bei uns gerade im Sommer mehrfach in der Woche vor.

In Schocklage hinlegen, schon Blutdruck und Puls kontrollieren, was zu trinken geben (sofern klar bei Bewußtsein) und ggf. BZ kontrollieren.

Wenn man es ganz genau nimmt, habt ihr natürlich richtig gehandelt. Eine Bewußtseinsstörung ist immer eine RTD-Indikation.

Aber wenn ihr wegen einer solchen Synkope häufiger den RD ruft, werden die sich bedanken...

Mein Tipp: Erst warten, ob eine Schocklage Besserung bringt. Wenn die Bewußtlosigkeit bestehenbleibt oder ihr den Druck auch nach längerer Zeit nicht hoch bekommt, natürlich den RTD nachalarmieren.
Zuletzt geändert von Hajo Behrendt am 08.07.2010, 17:52, insgesamt 1-mal geändert.
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

08.07.2010, 17:51
Erstens:
Das Argument, dass der RD zu teuer sei, ist totaler Humbug. Das muss die Sekretärinnen nix angehen, schließlich zahlt das die Versicherung und nicht die Schule.

Ich würde mal sagen, dass der Blutdruck in Relation zum Alter der Patientin (ich schätze mal so 12-15) ganz ok war. Ich persönlich hätte vermutlich nicht den RD alarmiert, aber das will ich jetzt nicht entgültig entscheiden.
Fakt ist: Wenn ihr dem Patienten nicht alle Maßnahmen, die zur Genesung notwenidig sind, stellen könnt, dann solltet ihr dafür sorgen, dass diese Maßnahmen in einem angemessenen Zeitraum erfolgen. Das heißt, dass ihr dann, wenn dringend eine Maßnahme erforderlich ist, die ihr nicht leisten könnt, den RD alarmiert.
Wenn das so gegeben war, was ich wie gesagt jetzt nicht beurteilen möchte, dann war der RD vollkommen gerechtfertigt.
Aber auch wenn ihr euch nicht ganz sicher seid, ob man wirklich den RD braucht oder nicht, ruft lieber einmal mehr als einmal weniger die 112 an.
Ich bin als Rettungsschwimmer geboren, mit Wasser gestillt und aufgezogen! Hurra!:P

leverkusen.dlrg.de
www.drk-lev.de
08.07.2010, 17:58
Original von TJakobusS1995
Die Frage ist ob ihr an unserer Stelle auch den RD gerufen hättet...?


Also kurz die Situation Schildern...

um ca. 8.20: "Sanitaeter bitte in den Kunstraum"
8.22: Ich und 2 Kollegen sind am Kunstraum angekommen. In der Ecke des Raumes sehen wir eine Menschentraube die uns aufgeregt anschaut und herwinkt. 1 Sani wird losgeschickt um unsere Tasche zu holen.
Die Patientin liegt auf dem Boden hinter der Werkbank, die Lehrerin erzählt uns dass die Patientin sich überstarken schwindel beklagt hätte und über einen schmerzenden schnitt. Daraufhin ist die Lehrerin schnell zu ihr gegangen und kam noch gerade rechtzeitig um sie abzufangen, und auf den Boden zu legen. Schon nach wenigen Sekunden (ca.5 sec.) kam sie wieder zu sich und beklagte sich immernoch über starken Schwindel.
8.23 Tasch+ 3. Sani trifft ein Blutdruck liegt bei 90:65 Puls: 64
Während des messens erzählt die Patientin dass sie genug getrunken und gegessen hat (weiß nicht mehr genau was klang aber im vergleich zu meinem Frühstück wie ein Festmahl :P) Sie hätte sich nur beim schnitzen ein kleinen Schnitt zugefügt. Der Schnitt war eigentlich nur ein kratzer ca.5mm lang und es wahr kein Blut zusehen. Patientin wird in Schocklage gelegt (Schulranzen unter die beine) und bei Bewusstsein behalten durch ansprechen.Wegen der Synkope und des niedrigen Blutdrucks haben wir dann zu dritt entschieden die 112 zu Alarmieren dies haben wir auch vorher der Lerkraft gemaldet und die war mit uns gleiche Meinung.
8.30 RTW trifft ein und übernimmt nach kurzer Einweisung.

Sooooooo

dann sind wir zum Saniraum gegangen um das Protokoll zu schreiben aber auf dem wegdahin wurden wir von einer ziemlich schlechtgelaunten Sekretairin. Grund zur schlechten Laune ist der von uns alarmierte Rettungsdienst, dieser sei viel zu teuer und unnötig gewesen...

FRAGE: Wie hättet ihr gehandelt?

Aha... viel zu teuer und unnötig... natürlich, die Frau war ja auch dabei und hat alles mitbekommen -.- wie Lev schon meinte, lieber einmal zu oft, wenn man sich unsicher ist!

Wie hätte ich gehandelt? Nun... die Schülerin vielleicht per Trage/Tragetuch in den SanRaum bringen, betreuen, ein paar Minuten abwarten, RR und HF regelmäßig überprüfen, Eltern verständigen und warten. Sollte es ihr allerdings schlagartig schlechter gehen oder sie wegdämmern -> 112.

08.07.2010, 18:15
Na ja, über gewisse "Lebenserfahrung" wird die Frau auch verfügen, was Synkopen und Kreislaufprobleme an der Schule betrifft.

Natürlich ist es nicht primär eure Aufgabe, euch über die Kosten Gedanken zu machen.

Aber seht es mal so:

Der RTW kostet (wenn ich die Kosten in unserem Kreis zugrunde lege) ca. 860 Euro. Dazu kommt noch mal die Gebühr im Krankenhaus (ggf. 10 Euro Eigenanteil, da freuen sich die Patienten immer) + das, was das Krankenhaus der Krankenkasse in Rechnung stellt (ist ja kein BG-Fall).

Ich denke, mit unter 1000 Euro kommt die Kasse da nicht raus. Für so ein "Sch..." ! Für einmal "umkippen". Da kaufen sich andere einen Gebrauchtwagen für...

Kein Wunder, das das Gesundheitssystem da am Ende ist...

Auch das sollte man als erfahrene Sanitätskraft bedenken, denn ihr habt auch für das "Allgemeinwohl" Sorge zu tragen und unnötige RTD-Einsätze möglichst zu vermeiden.

Ob es in diesem Fall allerdings "unnötig" war, kann man so als Externer nicht sagen. Im Zweifel natürlich immer für den RTW!

Aber manchmal wünsche ich mir, dass die Kollegen besser abwägen...
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

08.07.2010, 18:17
Danke für die vielen Antworten.

Ja wir hatten auch schon einige Synkopen bei denen wir nicht den RD gerufen haben aber gerade diieser niedrige Blutdruck und ihr zustand( ihr war auch noch extrem kalt Raumtemperatut lag bei min. 27°C, ich hatte einfach das Gefühl dass eine Alarmierung des RTD bei dieser Patientin wichtiger ist als bei den anderen fand allein ihre art wie sie Artikulierte und ihre HAutfarbe(extrem extrem blass neben ihr sah meine hand wie die eines Südafrikaners aus.
Und da wir alle der meinung waren(ich und 2; 12 klässlerinnen hab ich halt den Notruf gemacht.
Zuletzt geändert von TJakobusS1995 am 08.07.2010, 19:35, insgesamt 1-mal geändert.

08.07.2010, 21:32
Hallo,
bei uns ist es so, dass auch der RTW gerufen werden muss, wenn man nur ohnmächtig war. Egal was Lehrer sagen, immer muss bei uns der RTW gerufen werden.

Besonders, wenn die Ohnmacht vermutlich durch eine Schnittverletzung entstanden ist.


Gruß DodiSingh

08.07.2010, 21:34
Zunächst möchte ich sagen, dass ich glaube ich auch so gehandelt hätte. Eine Bewusstlosigkeit (auch wenn sie wieder zu sich kommt) ist für mich schon ein RD-Indikator. Klar kann es in diesem Augenblick "eine (vasovagale) Synkope, also eine kurzzeitige Bewußtlosigkeit durch Flüssigkeitsmangel oder temporäre Gefäßweitstellung (z.B. Psycho-Reaktion auf den "Schnitt")" (Hajo Behrendt) sein, doch als Laie, die wir Schulsanis ja doch größtenteils sind, finde ich das Risiko zu groß. Lieber einmal mehr anrufen, als einmal zu wenig.
Auch lief euer Prozess sehr zügig ab, wie ich deinen Uhrzeiten entnehmen kann, was auch als positiv zu bewerten ist.

Original von Hajo Behrendt
[...] Der RTW kostet (wenn ich die Kosten in unserem Kreis zugrunde lege) ca. 860 Euro. Dazu kommt noch mal die Gebühr im Krankenhaus (ggf. 10 Euro Eigenanteil, da freuen sich die Patienten immer) + das, was das Krankenhaus der Krankenkasse in Rechnung stellt (ist ja kein BG-Fall).
[...]


Warum sollte es kein BG-Fall sein? Immerhin hat sie sich geschnitten und wenn wirklich daher die Synkope stammt, ist es ein Schulunfall. Außerdem zahlt i.d.R. der Schüler keinen Eigenanteil, jedenfalls ist mir nichts derartiges bekannt.
Mit freundlichen Grüßen
Kevin Drieschner (FW, SSD)

08.07.2010, 21:45
1. Zahlt doch eigentlich bei einem Schulunfall die gesetzliche Unfallversicherung?! -> sieh bspw. hier.

2. Hajo - verstehst du es nicht? Wir im SSD haben nicht die Aufgabe, Kosten zu kalkulieren, was die Krankenkasse zahlt und was nicht! Ehrlich, mir ist es sche*ß egal, ob die Kasse von der oder die Unfallversicherung eine Summe Geld zahlen muss. Wenn man als Laie, bzw. unerfahrener SSD'ler den RD zu einer Synkope und Schnittverletzung ruft dann ist das doch okay - warum soll man sich Gedanken über die Kosten machen? Der Gesundheitsminister bekommt für sowas doch viel Geld im Monat. :rolleyes:

3. Die 10€ - Notfallgebühr ist nur von Personen ÜBER 18 Jahren zu entrichten.
Zuletzt geändert von Helpman1993 am 08.07.2010, 21:47, insgesamt 1-mal geändert.
19 Jahre. Abiturient. Helfer-vor-Ort. Rettungssanitäter. Nebenamtlich im Rettungsdienst. Humanmedizinstudent im 2. Semester, EKT. Ausbilder EH, LSM, EH am Kind.

08.07.2010, 22:12
Original von Helpman1993
1. Zahlt doch eigentlich bei einem Schulunfall die gesetzliche Unfallversicherung?! -> sieh bspw. hier.


Bei einem Unfall schon. Nicht jedoch bei Erkrankungen o.ä.

Original von Helpman1993
Wir im SSD haben nicht die Aufgabe, Kosten zu kalkulieren, was die Krankenkasse zahlt und was nicht! Ehrlich, mir ist es sche*ß egal, ob die Kasse von der oder die Unfallversicherung eine Summe Geld zahlen muss.


Vollste Zustimmung!
Marc, 36 Jahre
Leiter SSD, EH-Ausb.
Ausbildungsstand: Genug um eine recht lange Liste zu produzieren.

08.07.2010, 22:18
Original von madhef
Original von Helpman1993
1. Zahlt doch eigentlich bei einem Schulunfall die gesetzliche Unfallversicherung?! -> sieh bspw. hier.


Bei einem Unfall schon. Nicht jedoch bei Erkrankungen o.ä.

Original von Helpman1993
Wir im SSD haben nicht die Aufgabe, Kosten zu kalkulieren, was die Krankenkasse zahlt und was nicht! Ehrlich, mir ist es sche*ß egal, ob die Kasse von der oder die Unfallversicherung eine Summe Geld zahlen muss.


Vollste Zustimmung!



... und meine natürlich auch ... !

09.07.2010, 09:39
Die Diskussion hatten wir schon einmal.

Ich denke, wir werden da nicht auf einen Nennen kommen.

Ich finde eine RTD-Alarmierung aufgrund einer Synkope in den meisten Fällen sinnlos und unverantwortlich, da man das Problem i.d.R. auch selbst in den Griff kriegen könnte.

Die Anforderung des Rettungsdienstes ist ja auch mit zusätzlicher Aufregung für die Patientin, für die Schulleitung (die im Falle einer RTD-Alarmierung umgehend verständigt werden muss) und nicht zuletzt auch für die Eltern.

"Oh, mein Gott, mein Kind muss mit dem RTW ins Krankenhaus!"

Diese Aufregung (= zusätzlicher, unnötiger Schaden) und kopflose, überstürzte Folgehandlungen der Eltern (mit dem Privat-Kfz über rote Ampeln zum Krankenhaus rasen, mehrfach schon selbst erlebt) kann man sich sparen. Die Eltern werden i.d.R. durch das Schulbüro verständigt. Dort kann oft keine genauere Information gegeben werden, was denn nun los sei, und so kommt es zu gefährlichen Folgereaktionen.

Wenn jede Arzthelferin für einen Patienten, dem beim Blutabnehmen ein bisschen weich in den Beinen geworden ist (ist genau der selbe Mechanismus) einen RTW rufen würde, hätten wir vermutlich keine Probleme, unsere Jahrespraktikanten nach Abschluss der Ausbildung irgendwo unterzubringen, so viele RTW, wie es dann neu geben müsste...

Man kann bezüglich der Wirtschaftlichkeit unterschiedliche Ansichten haben. Die einen, die nur das (vermeintlich) Beste für den Patienten im Kopf haben und möglichst eine Maximalversorgung wollen, und die anderen, die sich auch "multiperspektivische, systemische" Gedanken machen und kritisch abwägen, ob eine geplante Maßnahme überhaupt noch im Verhältnis zum erwarteten Erfolg steht (das sind übrigens auch Bildungsziele für junge Menschen...)

Dieses Kriterium ist im Falle einer Synkope (meist) nicht gegeben.

Der Sanitätskurs sollte die HelferInnen befähigen, eigenständig zu entscheiden, ob die Alarmierung eines Rettungsmittels nötig ist, oder welche Maßnahmen noch selbst durchgeführt werden können.

Bei der Synkope (kurzzeitige Ohnmacht) reicht es meist aus "Maßnahmen zur Schockbekämpfung durchzuführen und die Person im Anschluss an die frische Luft zu begleiten" (Lehrmeinung der Malteser (ehem. AV 2, 2004) zur Ohnmacht).

Bei uns ist sogar im Leitbild definiert:
Aufgabe der Arbeitsgemeinschaft Schulsanitätsdienste ist es (...), eine patientenorientierte, fachgerechte Versorgung nach aktuell gültigen Leitlinien durchzuführen, (...) allerdings unter dem Gebot der Wirtschaftlichkeit.

Wahrscheinlich schließe ich mich in dem geschilderten Fall der Meinung der Sekratärin an...
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

09.07.2010, 10:11
Original von Hajo Behrendt
Ich finde eine RTD-Alarmierung aufgrund einer Synkope in den meisten Fällen sinnlos und unverantwortlich, da man das Problem i.d.R. auch selbst in den Griff kriegen könnte.

Also meiner Meinung nach MUSS man einen RTW rufen, weil man aus der Beschreibung des Vorfalls schon entnehmen kann, dass die Patientin kurzzeitig ohnmächtig war. Daraus lässt sich dann auch schon schließen, dass sie irgendetwas am Gehirn haben muss.
Es kann ja nicht sein, dass dass die Patientin nach Schulschluss an der nächsten Ecke umkippt und.
Das ist meine Meinung, und die meiner Schule auch.

Original von Hajo Behrendt: Die Eltern werden i.d.R. durch das Schulbüro verständigt.

Ja, und dann? Viele Eltern haben kein Auto. Und viele Schulen sind mit öffentlichen Vrkehrsmitteln nicht so gut zu erreichen ( Das entspricht auch meiner Schule ). Wenn die Schülerin, oder der Schüler dann mit dem RTW ins Krankenhaus gebracht wird, ist es für manche Eltern besser zu wissen: Mein Sohn ( Meine Tochter ) ist im Krankenhaus. Und Krankenhäuser sind meistens besser zu erreichen, als eine Schule.



Gruß DodiSingh

09.07.2010, 10:41
Original von DodiSingh
Daraus lässt sich dann auch schon schließen, dass sie irgendetwas am Gehirn haben muss.


Irgendwas "am Gehirn" hatte sie (oder auch nicht):

Kurzzeitigen Sauerstoffmangel!

Durch den Schnitt (Schreck, Schmerz) kommt es zu einer Weitstellung der Gefäße. Dadurch "versackt" das Blut kurzzeitig in den Beinen, was zu Folge hat, das oben am Gehirn "nichts mehr ankommt". Bedingt durch den daraus resultierenden kurzzeitigen Sauerstoffmangel (den das Gehirn gar nicht gerne hat) kommt es zu einer kurzen Bewußtlosigkeit. Dieser Mechanismus kann auch durch fehlende Nahrungs- bzw. Flüssigkeitszufuhr zustande kommen.

Das ist ein Selbstschutzmechanismus des Körpers und nichts "Krankhaftes".

Dadurch, dass die Person dann daniederliegt, strömt das in den unteren Extremitäten versackte Blut wieder in den zentralen Kreislauf und somit zum Gehirn, welches dann wieder durchblutet wird.

Den sehr kurzzeitigen Sauerstoffmangel kann das Hirn gut wegstecken, Schäden sind erst nach ca. drei Minuten ohne Sauerstoff zu erwarten.

Also gar kein Notfall, sondern Selbstschutzreaktion, deren Folgen sich i.d.R. rasch zurückbilden. Normalerweise sind die Betroffenen schon wieder bei Bewußtsein, wenn wir eintreffen. Nach kurzer Ruhepause im Sanitätsraum (Bodycheck, Schocklage, RR-Messungen, Getränk) können sie meistens wieder zurück in den Unterricht.

Ergo keine RTW-Indikation!


Wir fassen zusammen:

Kurze Synkope, Ohnmachtsanfall (Bewusstlosigkeit endet von allein oder lässt sich durch Schocklage innerhalb weniger Sekunden wieder beheben): KEIN RTW!

Bestehen bleibende Bewusstlosigkeit: Andere Ursache, RTW/NEF rufen. Seitenlagerung bzw. weitere Maßnahmen nach notwendigkeit.
Zuletzt geändert von Hajo Behrendt am 09.07.2010, 10:47, insgesamt 1-mal geändert.
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

09.07.2010, 11:12
Grundsätzlich schließe ich mich allen an, die fordern: Im Zweifel lieber einmal zuviel den RD alarmieren.

Allerdings kann man bei kurzen Synkopen u.U. tatsächlich darauf verzichten. Gerade wenn - wie in diesem speziellen Fall - ein klares auslösendes Ereignis vorhanden ist (Schnitt in den Finger) sind alle anderen Ursachen doch extrem unwahrscheinlich.
Auf der anderen Seite wurde hier von einem "unguten Gefühl" der Sanis gesprochen. Gerade wenn man schon häufiger mal synkopale Patienten behandelt hat sollte man so ein Bauchgefühl durchaus ernst nehmen. Unterbewusst nehmen wir durchaus Dinge wahr, die uns gar nicht bewusst aufgefallen sind. Diese Erkenntnisse sind oftmals viel wertvoller als irgendwelche Messwerte. Allerdings erfordert das natürlich eine gewisse Erfahrung - die ersten fünf Synkopen die man miterlebt werden einem immer extrem dramatisch vorkommen.

Zu den Kosten: Schwachsinn - diese Abwägung gehört sicherlich nicht in den Aufgabenbereich von Schulsanitätern. Abgesehen davon kenne ich z.B. von BGs Vorschriften die Betriebe anweisen, Unfallpatienten ohne Ausnahme durch den RD zum Krankenhaus zu transportieren, was dazu geführt hat, dass wir häufiger Patienten mit banalen Schnittverletzungen im RTW transportieren mussten.
Da die BG aber in jedem Fall Kostenträger ist, wird sie sich dabei sicherlich etwas gedacht haben und das Risiko durch den privaten Transport usw. als höher eingeschätzt haben, als die Kosten durch den RTW.

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