Larynxtubus RLP

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18.04.2019, 19:01
Hallo ihr Lieben,
alle die schon eine Weile in der Notfallmedizin unterwegs sind, kennen die LT-Debatte und das DRK im Bezig auf diese. :oops:
Heute habe ich nun von einem ehemaligen RS gesagt bekommen, die Benutzung des LT ist nun in RLP durch den Landesarzt verboten worden bzw. ein entsprechendes Verbot sei in Ausarbeitung(da war sich der RS selbst nicht so sicher).
Jedenfalls wollte ich fragen, ob jemand von euch, der ggf. auch in RLP tätig ist, etwas in der Richtung mitbekommen hat und mir sagen kann, ob ich als SanH mich nun strafbar mache, wenn ich laryngeal intubiere...
Das würde ich im Notfall nämlich schon gerne. Macht ja einen enormen Unterschied ob Beutel-Maske oder LT, wobei die Anwendung ersterer auch nicht so einfach ist wie häufig dargestellt. :)
Freue mich auf Antworten. Meine JUH Kollegen haben mir keine gegeben.
19.04.2019, 11:49
Hallo Pamie,

löse Dich von der Vorstellung einer Rechtssicherheit. Die gab es nicht für Rettungsassistenten, die gibt es nicht für Notfallsanitäter. Nirgendwo steht, was irgendjemand im Rettungsdienst darf. Jedenfalls nicht rechtssicher. Das Notfallsanitätergesetz ist ein Berufszugangsgesetz, das klärt, welche Voraussetzungen jemand erfüllen muss, um diesen Titel zu tragen. Nicht mehr - nicht weniger.

Wenn der Landesarzt (wer auch immer das sein soll...) eine solche Aussage getätigt hat, dann um Euch vor Rechtsunsicherheit zu schützen. Indem er sagt, dass es verboten ist, kommt ihr überhaupt nicht in die Gelegenheit, vor Gericht zu klären, ob Ihr gedurft hättet - oder nicht.

Wie immer im Rettungsdienst ist es so, dass kein Hahn danach kräht, wenn eine Maßnahme erfolgreich ist. Platzierst und einen LT und alles ist fein, dann wird man Dir auf die Schulter klopfen und Dich loben. Geht es schief und jemand ist der Meinung, dass der erlittene Schaden einzig und allein an der Verwendung des LT lag (würde mich interessieren, wie er das argumentieren will), dann geht er eben vor Gericht und ein hochgezahlter Gutachter hat ein halbes Jahr Zeit, die Entscheidung, die Du in Minuten treffen musstest, zu bewerten. Auf der hohen See und vor Gericht bist Du in Gottes Hand, also weiß niemand, wie das ausgeht.

Aber: Versuche doch mal einen Fall zu konstruieren, bei dem ganz klar ist, dass durch die Anwendung des LT ein Schaden entstanden ist, der garantiert vorher nicht vorlag. Hier fällt mir kaum etwas ein - es sei denn, man würde den LT mit extremer Gewalt platzieren und damit eine echte Verletzung hervorrufen. Das das nicht ok ist, sollte doch jedem klar sein.

Der Rest ist doch ein Spiel mit Wahrscheinlichkeiten.

Langer Rede kurzer Sinn - Löse Dich von der Vorstellung der Rechtssicherheit. Diese gibt es nicht. Vielleicht, wenn Du zu einer spezifischen Frage ein Urteil des europäischen Gerichtshof erreichst und selbst dann ist das keine Garantie. Aber so ist es im Leben auch. Du läufst mit dem Smartphone über die Strasse und das Auto hinter Dir muss bremsen. Schon stehst Du wieder vor Gericht. Wenn Du Sicherheit haben willst, dann lebe in einer Gummizelle und lass Dir das Essen durch eine Luke bringen.
Wir leben in D in einer Zeit, in der jemand, der besoffen auf dem Acker stolpert, den Bauern verklagt, weil der Acker nicht glatt genug war.

Übrigens: Wenn Du einen LT platzierst, wirst Du garantiert nicht die Endverantwortung haben, da dann der Rettungsdienst kommt. Eine Klage wird also sehr wahrscheinlich nicht gegen Dich gehen. ;)
26.04.2019, 08:17
pamie17 hat geschrieben:Hallo ihr Lieben,
alle die schon eine Weile in der Notfallmedizin unterwegs sind, kennen die LT-Debatte und das DRK im Bezig auf diese. :oops:
Heute habe ich nun von einem ehemaligen RS gesagt bekommen, die Benutzung des LT ist nun in RLP durch den Landesarzt verboten worden bzw. ein entsprechendes Verbot sei in Ausarbeitung(da war sich der RS selbst nicht so sicher).
Jedenfalls wollte ich fragen, ob jemand von euch, der ggf. auch in RLP tätig ist, etwas in der Richtung mitbekommen hat und mir sagen kann, ob ich als SanH mich nun strafbar mache, wenn ich laryngeal intubiere...


Über die Strafbarkeit einer Behandlungsmaßnahme kann der Landesarzt eines Vereins nicht entscheiden. Seine Entscheidung gilt zunächst nur innerhalb des Vereins und kann darüber hinaus nur Bedeutung für die Frage erlangen, ob eine möglicherweise aufgetretene Patientenschädigung für den Helfer vorwerfbar und vermeidbar war. Relevanter ist insoweit aber die medizinische Studienlage.

In erster Linie entscheidend ist, ob die Maßnahme richtig und erfolgreich durchgeführt wurde oder ob es zu einer Schädigung des Patienten kam, bspw. wegen einer fehlerhaften Durchführung. Wenn alles richtig gemacht wurde, steht eine Strafbarkeit - wegen Körperverletzung - von Anfang an ebenso wenig Raum wie zivilrechtliche Schadensersatzforderungen.

Wenn es zu einer Schädigung des Patienten kam, wird sich die Frage stellen, ob diese unvermeidbar war oder aus einem Fehler des Anwenders resultierte und ob dieser Fehler vorwerfbar ist. Dabei ist von Bedeutung, dass die neuere Studienlage aufgrund einer erhöhten Rate von Komplikationen bei der Verwendung eines LT für eine kritische Bewertung dieses Atemwegs geführt hat und auch die S1-Leitlinie "Prähospitales Atemwegsmanagement" stattdessen die Verwendung einer LaMa empfiehlt. Bei der Frage, ob der Helfer das Wissen konnte, spielt natürlich ein eventuelles Verbot durch einen Landesarzt eine Rolle.

Darüber hinaus kann ein organisationsinternes Verbot Bedeutung für die Gewährung von Versicherungsschutz durch eine Versicherung der Organisation haben. Ein Verstoß gegen das Verbot kann aber vor allem zu Konsequenzen innerhalb der Organisation führen, bspw. zum Ausschluss von Tätigkeiten, im schlimmsten Fall auch zum Vereinsausschluss.

pamie17 hat geschrieben:Das würde ich im Notfall nämlich schon gerne. Macht ja einen enormen Unterschied ob Beutel-Maske oder LT, wobei die Anwendung ersterer auch nicht so einfach ist wie häufig dargestellt. :)


Nach der S1-Leitlinie "Prähospitales Atemwegsmanagement" ist Mindestvoraussetzung für die sichere Anwendung eines LT oder einer LaMa 45 Anwendungen am Patienten (nach Übung am Phantom); im Gegensatz dazu sind es für eine suffiziente Beutel-Masken-Beatmung wie bei der Intubation 100 Anwendungen. Man kann daraus den Schluss ziehen, dass die Anwendung eines extraglottischen Atemwegs einfacher zu erlernen ist als die Beutel-Masken-Beatmung.
26.04.2019, 08:47
Don Spekulatius hat geschrieben:löse Dich von der Vorstellung einer Rechtssicherheit. Die gab es nicht für Rettungsassistenten, die gibt es nicht für Notfallsanitäter. Nirgendwo steht, was irgendjemand im Rettungsdienst darf. Jedenfalls nicht rechtssicher.


Das würde ich so nicht unterschreiben - oder dementsprechend verallgemeinern, dass das auch für Notärzte und auch außerhalb des medizinischen Bereichs gibt, ja dass es überhaupt keine letzte Rechtssicherheit, und auch nahezu keine Sicherheit im Leben gibt.

Es kann natürlich keinen festen schematischen Katalog geben, "was irgendjemand im Rettungsdienst darf", weil das u.a. vom Ausbildungs- und Fähigkeitsstand, dem Notfallbild und Patientenzustand und vom medizinischen Fortschritt abhängig ist. Ansonsten lässt sich aber zumeist mit hinreichender Sicherheit vorhersagen, was weitgehend problemlos ist und was sicherlich zu Problemen führt - wobei eine Grauzone verbleibt. Das ist aber kein Spezifikum der Medizin oder des Rettungsdienstes.

Im Einzelfall bedarf es dazu allerdings v.a. medizinischen und in zweiter Linie juristischen Sachverstands. Um das zu vereinfachen, gibt es Algorithmen, "standard operating procedures" und Vorgaben (medizinischer) Führungskräfte.

Don Spekulatius hat geschrieben:Wenn der Landesarzt (wer auch immer das sein soll...)


Ein Landesarzt pflegt eine organisationsinterne Stellung im Landesverband einer Hilfsorganisation zu haben, wie der Begriff nahelegt. Konkret ist er ein gewähltes Mitglied des Präsidiums des DRK RLP (§ 18 Abs. 1 lit. d) der Satzung), wobei das Präsidium verbindliche Regelungen für alle DRK-Vereine im jeweiligen Land (und damit deren Mitglieder) schaffen kann.

Don Spekulatius hat geschrieben:eine solche Aussage getätigt hat, dann um Euch vor Rechtsunsicherheit zu schützen.


Oder um den Verein vor Haftungsfolgen zu schützen.

Oder um Patienten vor Schädigungen zu schützen.

Don Spekulatius hat geschrieben:Wie immer im Rettungsdienst ist es so, dass kein Hahn danach kräht, wenn eine Maßnahme erfolgreich ist. Platzierst und einen LT und alles ist fein, dann wird man Dir auf die Schulter klopfen und Dich loben.


Das scheint mir bei einem Verstoß gegen ein Verbot innerhalb des Vereins jedenfalls nicht gesichert. Ebenso gut möglich sind Konsequenzen, eben weil gegen verbindliche Vorgaben verstoßen wurde.

Don Spekulatius hat geschrieben:Geht es schief und jemand ist der Meinung, dass der erlittene Schaden einzig und allein an der Verwendung des LT lag (würde mich interessieren, wie er das argumentieren will), dann geht er eben vor Gericht und ein hochgezahlter Gutachter hat ein halbes Jahr Zeit, die Entscheidung, die Du in Minuten treffen musstest, zu bewerten. Auf der hohen See und vor Gericht bist Du in Gottes Hand, also weiß niemand, wie das ausgeht.


Das ist mir zu einfach gedacht.

Komplikationen durch die Verwendung eines LT sind in der Studienlage dokumentiert. Wenn es - z.B. - zu Zungenschwellungen, endotracheale Fehllagen und anderen Fehlpositionierungen und dadurch ggf. zu Magenbeatmungen kommt, ist es trivial, dass dafür ausschließlich die Verwendung des LT verantwortlich war. Unabhängig davon, ob dies allgemein oder im Einzelfall gegen die Anwendung eines LT (durch wenig erfahrene Anwender) spricht, sollte man aus medizinisch-fachlicher Sicht Indikationen, Kontraindikationen und Risiken der Methoden kennen, die man anwendet, und von risikobehafteten Methoden nach Möglichkeit absehen. Aus juristischer Sicht ist es zudem risikobehaftet, Vorgaben von Vorgesetzten oder Leitlinien zu ignorieren.

Dass ein Gutachter sich auch für die Bewertung einer Augenblicksentscheidung viel Zeit nimmt, ist durchaus positiv, soll er doch die Frage beantworten, ob die Maßnahme medizinisch richtig, vertretbar oder falsch war. Ob eine falsche Maßnahme dann auch juristisch vorwerfbar ist, ist eine andere Frage, bei der vom Wissensstand des Helfers vor Ort zum jeweiligen Zeitpunkt ausgegangen und der Zeitdruck berücksichtigt wird. Man muss allerdings sagen, dass Abweichungen von Vorgaben zu erhöhtem Rechtfertigungsdurck führen - mit Recht. Wer meint, er wisse besser als der Landesarzt, was für den Patienten gut und richtig ist, muss dieses bessere Wissen dann auch demonstrieren können.

Und es ist zwar richtig, dass sich der Ausgang eines gerichtlichen Verfahrens nie mit Sicherheit vorhersehen lässt, aber das ist ja nun im medizinischen Bereich nicht anders - auch und gerade dort sind wir alle in Gottes Hand, und es weiß in sehr vielen Fällen niemand, wie es am Ende ausgeht. Das hindert uns aber nicht, uns mit der Frage zu beschäftigen, in welchen Fällen welche Maßnahmen vorzugswürdig sind, Risiken abzuschätzen und vorzuplanen, um die Chancen des Patienten zu maximieren. In genau derselben Weise sollte man dementsprechend an juristische Fragen herangehen, statt sich auf Allgemeinplätze zurückzuziehen.

Der Spruch von der hohen See und dem Gericht erinnert mich an das Argument, in der Medizin würde sich ständig alles ändern, was heute richtig sei, sei morgen falsch und übermorgen wieder richtig. Das ist einerseits wahr (mal reanimiert man 15:2, dann 30:2, dann beatmet man vielleicht nur), andererseits ist aber der damit insinuierte Schluss "lass die Experten doch quatschen, ich mache das, was mir persönlich am besten gefällt, gibt doch eh kein richtig und kein falsch" natürlich nicht zutreffend.

Don Spekulatius hat geschrieben:Aber: Versuche doch mal einen Fall zu konstruieren, bei dem ganz klar ist, dass durch die Anwendung des LT ein Schaden entstanden ist, der garantiert vorher nicht vorlag. Hier fällt mir kaum etwas ein


Dann empfehle ich die Leitlinie zum präklinischen Atemwegsmanagement und die dort in Bezug genommene Literatur.

Don Spekulatius hat geschrieben:Langer Rede kurzer Sinn - Löse Dich von der Vorstellung der Rechtssicherheit. Diese gibt es nicht.


Rechtssicherheit gibt es so viel oder so wenig wie überhaupt Sicherheit im Leben. Kein Mensch weiß, ob wir nicht eine Autofahrt mit 150 km/h durch die Innenstadt unfallfrei überstehen und stattdessen nach dem Aussteigen von einem Eiszapfen erschlagen werden, den ein Flugzeug in großer Höhe verloren hat. Dennoch neigen wir dazu, nicht mit 150 km/h durch die Innenstadt zu rasen und wenn doch, dann nur mit wirklich gutem Grund, uns aber keine Gedanken über herabstürzende Eiszapfen zu machen.

Insofern ist die Frage, was ein Verbot der Anwendung von LT durch den Landesarzt der eigenen Organisation bedeutet, durchaus nicht so verfehlt, wie Du sie darstellst (und ich lasse dabei die Frage nach der medizinischen Richtigkeit einmal bewusst außen vor). Man kann - Rechtssicherheit hin oder her - durchaus die damit verbundenen Risikenauch juristischer Art abschätzen und entsprechende Konsequenzen ziehen (die im übrigen auch struktureller Art durch vermehrtes Training oder den Umstieg auf ein anderes Device sein können).

Don Spekulatius hat geschrieben:Wir leben in D in einer Zeit, in der jemand, der besoffen auf dem Acker stolpert, den Bauern verklagt, weil der Acker nicht glatt genug war.


Viel bedeutsamer als die Frage, ob er das tut, ist doch, ob er damit voraussichtlich Erfolg haben wird.
26.04.2019, 14:31
thh hat geschrieben:Das würde ich so nicht unterschreiben - oder dementsprechend verallgemeinern, dass das auch für Notärzte und auch außerhalb des medizinischen Bereichs gibt, ja dass es überhaupt keine letzte Rechtssicherheit, und auch nahezu keine Sicherheit im Leben gibt.

Es kann natürlich keinen festen schematischen Katalog geben, "was irgendjemand im Rettungsdienst darf", weil das u.a. vom Ausbildungs- und Fähigkeitsstand, dem Notfallbild und Patientenzustand und vom medizinischen Fortschritt abhängig ist. Ansonsten lässt sich aber zumeist mit hinreichender Sicherheit vorhersagen, was weitgehend problemlos ist und was sicherlich zu Problemen führt - wobei eine Grauzone verbleibt. Das ist aber kein Spezifikum der Medizin oder des Rettungsdienstes.

Diese Erweiterung ist aber nicht ganz zutreffend. Aufgrund der Heilkunde darf der Arzt grundsätzlich eine medizinische Maßnahme ergreifen, wenn die hierfür notwendigen Kriterien erfüllt sind: Notwendigkeit, Einwilligung, Einwilligungsfähigkeit etc.... Dann muss er sich nur für eine fehlerhaft ausgeführte Maßnahme rechtfertigen bzw. ist hierfür angreifbar. Beim RA oder NFS ist das anders. Hier stellt schon die Ergreifung der Maßnahme an sich - auch wenn sie perfekt lege artis ausgeführt, perfekt indiziert und mit Einwilligung erfolgt ist, einen Verstoß dar, der ja letztlich nur mit dem rechtfertigenden Notstand abgemildert wird.

Nehmen wir mal das Notfallsanitätergesetz. (Ich weiß, ich wiederhole mich, aber als Jurastudent würde ich meine Doktorarbeit darüber schreiben, wie ein Berufszugangsgesetz mir überhaupt Befugnisse erteilen will...... aber wie auch immer...) Hier steht so etwa im Wortlaut, dass für die Rechtfertigung einer invasiven Maßnahme drei Kriterien erfüllt sein müssen:

- Die Maßnahme muss notwendig sein
- Es darf kein Arzt verfügbar sein
- Die Maßnahme muss beherrscht werden

Mit letzterer Formulierung hat der Gesetzgeber einen enormen Bock geschossen. Denn was heißt denn "beherrschen"? Das ist nach Ansicht der Juristen die höchste Stufe der Qualifizierung einer Maßnahme. Wenn wir die endotracheale Intubation als Beispiel nehmen, so bedeutet "beherrschen", dass nicht nur die Maßnahme ausgeübt werden kann, sondern dass für Komplikationen eine Behandlungsstrategie vorhanden sein muss. Also reicht es nicht, unter Idealbedingungen im OP intubieren zu können. Vielmehr verlangt der Gesetzgeber, dass der schwierige Atemweg behandelt werden kann. Jetzt wirst Du argumentieren, dass dies ja noch nicht einmal bei Notärzten immer der Fall ist. Da gebe ich Dir recht. Bei denen steht es aber nicht im Gesetz drin. So ist das bei allen Maßnahmen. Es wird nicht gefordert, dass Du eine Thoraxdrainage legen kannst. Es wird gefordert, dass Du mit allen entstehenden Komplikationen umgehen kannst.
Aus diesem Passus werde ich Dir als Gutachter in jedem einzelnen Fall einen Strick drehen. Das beste Beispiel dafür, dass Gesetze in diesem Land von Stümpern formuliert werden, oder dass es immer eine versteckte Agenda gibt, die sich nicht erschließt.

thh hat geschrieben:Oder um Patienten vor Schädigungen zu schützen.

Quod erat demonstrandum. Solche Vereinfachungen schneiden die Qualität nach unten ab, aber leider auch nach oben.

thh hat geschrieben:Das scheint mir bei einem Verstoß gegen ein Verbot innerhalb des Vereins jedenfalls nicht gesichert. Ebenso gut möglich sind Konsequenzen, eben weil gegen verbindliche Vorgaben verstoßen wurde..

Disziplinarrechtlich im Innenverhältnis sicherlich. Im Außenverhältnis muss für eine zivil- oder strafrechtliche Klage erstmal ein Schaden entstanden sein.

thh hat geschrieben:Das ist mir zu einfach gedacht.

Komplikationen durch die Verwendung eines LT sind in der Studienlage dokumentiert. Wenn es - z.B. - zu Zungenschwellungen, endotracheale Fehllagen und anderen Fehlpositionierungen und dadurch ggf. zu Magenbeatmungen kommt, ist es trivial, dass dafür ausschließlich die Verwendung des LT verantwortlich war.

Keineswegs. Aus der Tatsache, dass es in einem Prozentsatz x der Fälle bei Verwendung des LT zu einer Zungenschwellung kommt, lässt sich nicht nachweisen, dass im konkreten Fall der LT hierfür verantwortlich ist. Dazu gehört schon mehr. Wenn die Überlebensrate bei Reanimation mit LT bei 8% liegt und mit ET bei 12%, dann ist beim Versterben des Patienten dennoch niemals nachweisbar, dass dies am ET lag. Für viele Dinge, die wir in der Medizin als gegeben hinnehmen, gibt es übrigens keine wissenschaftliche Beweise und wird es nie geben. Nimm mal die Frage, welcher Patient eine Rapid-Sequence-Induction bei der Anästhesie benötigt. Das ganze Procedere basiert nur auf Expertenmeinungen. Die RSI hat sogar eine höhere Aspirationsrate, als die normale Einleitung. Warum? Weil die Expertenmeinungen wahrscheinlich richtig sind und somit die Risikopatienten korrekt erkannt werden. Das beweist aber gar nichts.

thh hat geschrieben:Der Spruch von der hohen See und dem Gericht erinnert mich an das Argument, in der Medizin würde sich ständig alles ändern, was heute richtig sei, sei morgen falsch und übermorgen wieder richtig. Das ist einerseits wahr (mal reanimiert man 15:2, dann 30:2, dann beatmet man vielleicht nur), andererseits ist aber der damit insinuierte Schluss "lass die Experten doch quatschen, ich mache das, was mir persönlich am besten gefällt, gibt doch eh kein richtig und kein falsch" natürlich nicht zutreffend.

Selbst der erfahrene Jurist wird nur sehr selten in der Lage sein, den Ausgang eines Gerichtsverfahrens vorherzusehen. Das ist damit gemeint.

thh hat geschrieben:Dann empfehle ich die Leitlinie zum präklinischen Atemwegsmanagement und die dort in Bezug genommene Literatur.

Dann schieß mal los und definiere einen Fall, in dem ein Schulsanitäter einen LT platziert, und in dem ein nun resultierender Schaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch den LT entstanden ist, wenn die Anlage problemlos war, d.h. ohne Gewalt erfolgt ist.

thh hat geschrieben:Insofern ist die Frage, was ein Verbot der Anwendung von LT durch den Landesarzt der eigenen Organisation bedeutet, durchaus nicht so verfehlt, wie Du sie darstellst (und ich lasse dabei die Frage nach der medizinischen Richtigkeit einmal bewusst außen vor). Man kann - Rechtssicherheit hin oder her - durchaus die damit verbundenen Risikenauch juristischer Art abschätzen und entsprechende Konsequenzen ziehen (die im übrigen auch struktureller Art durch vermehrtes Training oder den Umstieg auf ein anderes Device sein können).

Wenn es zu einem Schaden kommt und Patient oder Angehörige klagen, dann wird man sich im Einzelfall rechtfertigen müssen. Das ist mit SOP genauso wie ohne. Hält man sich an das Verbot, dann wird man allerdings nicht in die Lage kommen, sich rechtfertigen zu müssen. Das macht es für den Einzelnen einfacher. Ob dem Patienten damit gedient ist, lassen wir mal außen vor.

thh hat geschrieben:Viel bedeutsamer als die Frage, ob er das tut, ist doch, ob er damit voraussichtlich Erfolg haben wird.

Richtig. Aber in einem Land, in dem Denken wichtiger wäre, als eine Vollkaskoversicherung, würde man solche Klagen abbügeln und erst gar nicht zur Entscheidung annehmen. Dann würden die wirklich gerechtfertigten Klagen auch keine 5 Jahre dauern.
27.04.2019, 21:04
Zunächst mal habe ich mit dem DRK überhaupt nichts zu tun, das Ganze bezieht sich auf die JUH.
Dann wollte ich auch einfach nur fragen, ob jemand etwas mitbekommen hat, ob es eine solche Äußerung gegeben hat.
Gerade diese Woche habe ich die Reanimation mit LT geübt und dabei bei dem Ausbilder der JUH dementsprechend nachgefragt. Der wusste von der Geschichte absolut nichts, genauso wenig wie davon, dass Stifnecks nun “verboten” sind, bzw aus der Ausbildung zum SanH herausgenommen wurden. Gelehrt hat er den LT und das Stifneck wird im Kurs noch folgen. Das irritiert und verunsichert mich doch enorm. Dass es kein Gesetz gibt, was definiert, was erlaubt ist und was nicht in dich ja eigentlich sowieso schon gegen das HeilPrG verstoße etc. ist mir bewusst. Für meine Tätigkeit innerhalb der JUH und um Fragen seitens der SSDler die ich betreue korrekt beantworten zu können, wollte ich nur wissen, was denn nun stimmt, ob es eine Aussage hab oder nicht. Oder soll ich im Ernstfall einfach darauf hinweisen, dass höher qualifizierte und über mir stehende Kollegen sich schon innerhalb der HiOrg nicht einig sind?
28.04.2019, 16:45
pamie17 hat geschrieben:Oder soll ich im Ernstfall einfach darauf hinweisen, dass höher qualifizierte und über mir stehende Kollegen sich schon innerhalb der HiOrg nicht einig sind?

Wen Denn? Den Patienten, den Du reanimieren musst? Oder in welchen Fällen stellst Du Dir denn die Anwendung eines LT ohne Einleitung einer Narkose vor?
29.04.2019, 06:28
Meinen Vorgesetzten, die mir dann unter Umständen vorwerfen, den LT gelegt zu haben? Natürlich nur bie einer Reanimation.
29.04.2019, 10:35
Ich rede wie tbh gesagt hat, von internen Sanktionen
30.04.2019, 10:08
Und welche internen Sanktionen sollen das im SSD sein?
30.04.2019, 16:44
Interne Sanktionen im Ehrenamt
01.05.2019, 06:17
pamie17 hat geschrieben:Interne Sanktionen im Ehrenamt

Welche wären?
15.05.2019, 12:37
Dumpfbacke hat geschrieben:
pamie17 hat geschrieben:Interne Sanktionen im Ehrenamt

Welche wären?

Das DRK hat seit einiger Zeit eine Ordnung für Belobingungen, Beschwerde- und Diziplinarverfahren sowie eine Schiedsordnung. Auf dieser Grundlage können ensprechende interne Saktionen bis hin zum Ausschluss oder Schiedsverfahren durchgeführt werden.

Hier ein kurzer Abriss mittels Rundschreiben des DRK-LV RLP:
2017:
DRK-Bundesarzt weißt darauf hin, dass LT weiter geschult werden soll, aber die Maske-Beutel-Beatmung im San-Dienst state of the art ist.
https://extranet.itc.drk.de/fileadmin/r ... dienst.pdf

2018:
DRK-Landesarzt verbietet die Nutzung von LTs im Bereich des Sanitätsdienstes auf haftungsrechtlichen Gründen und unabhängig von der Qualifikation des Personals. Der Rettungsdienst ist ausdrücklich nicht betroffen.
https://extranet.itc.drk.de/fileadmin/r ... dienst.pdf

Es wurde eine Fortbildung zur Anwendung des LT im Sanitätsdienst erarbeitet.
https://extranet.itc.drk.de/fileadmin/r ... dienst.pdf

Schulung von LT und LM entfallen in der San-Ausbildung in Deutschland.
https://extranet.itc.drk.de/fileadmin/r ... xtubus.pdf
"Wir essen jetzt Opa!"
Satzzeichen retten Leben!
15.05.2019, 19:31
Das kommt davon, wenn man einen Augenarzt zum Landesarzt ernennt. ;)

Interessant ist, dass man die gleiche Argumentation 1:1 für Notfallsanitäter verwenden kann.
16.05.2019, 08:51
Don Spekulatius hat geschrieben:Das kommt davon, wenn man einen Augenarzt zum Landesarzt ernennt. ;)

Interessant ist, dass man die gleiche Argumentation 1:1 für Notfallsanitäter verwenden kann.


Aber der Bundesarzt ist ja Anästhesist und Notfallmediziner. ;)

Nicht nur für Notfallsanitäter - auch für Notärzte. :D Denn wer nutzt die LTs denn klinisch, dass man auf die Zahl der Anwendungen kommen würde? Und es ist ja nun nicht jeder Notarzt Anästhesist, sodass man sagen kann, er kann ja einfach immer gleich endotracheal intubieren und selbst da fehlt mir dann persönlich die Rückfallebene.
LSM 199?, EHK 2002 ... ;-)

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