Blutzuckermessung im SSD

Alle rechtlichen Fragen und Fragen zur Auslegung von Gesetzestexten finden hier Platz. Bitte beachtet aber, dass alle Beiträge hier keinen Anspruch auf Richtigkeit haben, da wir alle Rechts-Laien und keine Experten sind. Vieles hier sind eigene Erfahrungen und auch persönliche Meinungen.

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29.03.2009, 20:37
Kevin, nun wollen wir mal die Dinge hier ordnen und sachlich abarbeiten.

Daß ich mich lieber selbst um Werte wie z.B. den BZ kümmere liegt an meiner jahrelangen Erfahrung UND natürlich an vielen negativen Erlebnissen. Was andere machen ist mir persönlich egal, aber ich habe schon vor langer Zeit für mich beschlossen keinem Meßergebnis, das vor meiner Ankunft erhoben wurde, zu vertrauen.

Zweitens gehört das Messen des BZ bei einem bewusstlosen Betrunkenen zweifelsfrei zur Differenialdiagnostik. Es hat hier in HH schon Tote gegeben weil man scheinbar nur betrunkene in die Ausnüchterung gefahren hat, sie aber in Wirklichkeit schwer hypoglykämisch waren und eigentlich ins Krhs gehörten. Seitdem müssen sämtliche Betrunkene, bevor sie in die Zentralambulanz für Betrunkene ( kurz ZAB ) gefahren werden, vorher in einem Krhs auf ihre Tauglichkeit für diese Station untersucht werden. Und ich kann dir aus eigener, jahrzehntelanger Einsatzerfahrung sagen, daß es nicht wenig Pat. gibt, die nicht " nur " betrunken sind sondern dazu auch noch unterzuckert. Und ich sowie der gesamte Hamburger Rettungsdienst der BF sind verpflichtet, diese BZ - Messungen vorzunehmen ... egal wieviele Lanzetten usw das kostet ...


Gruß Jürgen
Zuletzt geändert von Onkel Juergen am 29.03.2009, 20:59, insgesamt 1-mal geändert.

29.03.2009, 20:55
Mein Standpunkt ist eben ein anderer, nämlich Gimmeldingen.
Beispiel:

Wenn sich ein Herr mit rotem Näschen ein Saumagenbrötchen bestellt ist dieser kein Notfallpatient, auch wenn er sich den Senf auf die Hose kippt.

Aber wenn ich auf einem Weinfest jemanden in der Ecke sitzen sehe der sternhagelvoll und kaum mehr wachzuhalten ist werd ich mich wohl allmählich nach der Streife umschauen.

Merkmale für einen hilfsbedürftigen sind für mich also
-Eintrübungen wie zum Beispiel Sprachstörungen, Verwirrtheit (keine Unkonzentrirtheit, die gibts ja schon ab 1 Bier) o.ä.
- Übliche Unterzuckererscheinungen wie Zittern, weiche Knie, Schweißausbrüche.

Aber ich werde niemanden ins Zelt schleifen und BZ messen weil er ein Weinglas in der Hand trägt.

Ich denke jedem der schonmal etwas betüdelt heimkam und bei Versuch zu schlafen Karussel gefahren ist wird festgestellt haben das es besser wird wenn man etwas isst.

Ist jetzt klarer was ich meinte?

Edit:
Kann es ein dass wir uns uneinig sind was ein Betrunkener ist?
Zuletzt geändert von Gast am 29.03.2009, 20:59, insgesamt 1-mal geändert.

29.03.2009, 21:07
Ich weiß schon ganz gut was du meinst und kann deine derzeitige Einstellung auch nachvollziehen. Aber auch du wirst deine Erfahrungen, wie wir alle auch, machen - keine Frage - und daraus wirst du lernen und in späteren Zeiten so einiges anders sehen ... ;)

Und im Moment stehst du ja auch nicht in der Verantwortung bei Einsätzen usw aber ich rate dir, immer die Augen offen zu halten und den Verstand einsetzen und solltest du mal Zweifel haben, dann mach lieber etwas mehr an Versorgung etc als zuwenig ...

Nun hoffe ich, daß du auch mich verstanden hast.

Gruß Jürgen

29.03.2009, 21:12
Ich mag aber nich erst das jemand stirbt nur damit ich meine Erfahrungen machen darf....
Ich denke man kann sagen dass ich von angetrunkenen Personen und Don Spekulatius von richtig betrunkenen geredet hab?!

30.03.2009, 14:31
Also das eigentliche Thema war ja Blutzuckermessung im SSD sinnvoll/erlaubt oder nicht?

Dazu kann ich sagen, dass ich diese Maßnahme erlernt habe in meiner Ausbildung zum Notfallhelfer und daher diese Maßnahme wenn sie mir zur Verfügung steht auch Anwenden werde, unabhängig davon ob ich in der Schule bin, auf der Strasse oder beim THW oder sonst wo (natürlich nach Rücksprache mit dem Patienten, falls dieser ansprechbar ist).
Uns wurde in dem Lehrgang ans Herz gelegt alle uns möglichen Werte die den Patienten betreffen und die wir kennen gelernt haben zu messen um möglichst sichher zu gehen. Ich geh natürlich nicht hin bei jemandem mit ner Fraktur und messe da primär den BZ.


Gruß Matthias
Wir, die Willigen, geführt von den Unwissenden, tun das Unmögliche für die Undankbaren.
Wir haben solange soviel mit sowenig getan, dass wir inzwischen in der Lage sind, alles mit nichts zu tun.

30.03.2009, 15:40
... dagegen ist ja auch überhaupt nix einzuwenden. Die Frage aber ist ja aber auch, was ist denn ein von SsanDler gemessener BZ vor Eintreffen des RD wert ?
Ich nehme mal ganz schwer an, daß dann vom RD sicher nochmal gemessen wird, einfach deßhalb, weil wie ich schonmal erwähnte, man die Leute dort nicht kennt und weil man einen sicheren Wert haben möchte.

Zweite Frage : was nützt euch ein Wert, wenn jemand schon bewusstlos ist, ihr aber weder Zugang legen, Infusion anschließen und Glucose spritzen könnt ?

Wenn jemand ansprechbar ist und über die üblichen Symptome klagt, so kann ich rein prophylaktisch Traubenzucker oder zuckerhaltige Getränke verabreichen. Ohne Probleme von möglichen Nebenwirkungen.

Und von daher lehne ich eine BZ - Messung in einem SsanD ab, habe ich auch bei uns nie eingeführt obwohl ich das locker hätte machen können.

Gruß Jürgen
Zuletzt geändert von Onkel Juergen am 30.03.2009, 15:42, insgesamt 1-mal geändert.

30.03.2009, 16:02
Das der Rettungsdienst das nochmal meßen wird ist mit klar. Ich kann mich noch an ein Fallbeispiel erinnern in dem ein Apoplex dargestellt werden sollte und da wurde uns während des Fallbeispiels gesagt wir sollten gerade da denn BZ bestimmen um sicher zu gehen das wir hier nicht eine Hypoglykämie haben, da sich da die Symptome überschneiden können. Was wir dann da tun können ist auf eine spezielle Lagerung achten oder für die Leitstelle kann das auch ein nützlicher hinweis sein zu wissen was wir vorliegen haben. Oder nicht?

Gruß Matthias
Zuletzt geändert von M Fenske am 30.03.2009, 16:05, insgesamt 1-mal geändert.
Wir, die Willigen, geführt von den Unwissenden, tun das Unmögliche für die Undankbaren.
Wir haben solange soviel mit sowenig getan, dass wir inzwischen in der Lage sind, alles mit nichts zu tun.

30.03.2009, 16:19
Für die Leitstelle ist es wichtig was als Notruf rüberkommt - z.B. nicht ansprechbare Person. Werte interessieren da erstmal gar nicht. Dann wird das entsprechende Rettungsmittel ( oder mehrere ) losgeschickt. Wenn ihr da irgendwelche Werte nennt wird das meistens nicht so wahr oder ernst genommen, aber da man ja mit dem Menschen dort spricht wird er euch gezielt abfragen was los ist.
Möchte euch da jetzt zwar nicht entmutigen,in real ist das aber so ...

Gruß Jürgen
Zuletzt geändert von Onkel Juergen am 30.03.2009, 16:20, insgesamt 1-mal geändert.

30.03.2009, 16:29
Das war auch nicht auf die Werte bezogen die hätte ich dennen auch nie gesagt. Ich meine mehr die Verdachtsdiagnose Apoplex, Hypoglykämie oder sonstwas.

Gruß Matthias
Wir, die Willigen, geführt von den Unwissenden, tun das Unmögliche für die Undankbaren.
Wir haben solange soviel mit sowenig getan, dass wir inzwischen in der Lage sind, alles mit nichts zu tun.

16.04.2009, 09:56
Selbstverständlich ist es sinnvoll, den BZ zu messen. Auch im SSD! Andere Maßnahmen haben natürlich vorrang, aber aktives Zuwarten auf den alarmierten RD bringt euch nichts. Da misst man eben den Blutdruck und überwacht. Eine BZ-Messung passt da auch gut dazu und ist, abhängig vom Patientenzustand durchaus sinnvoll, um bei der Übergabe konkrete Angaben machen zu können.
Rettungshelfer
SEG | First Responder | San-Dienste

25.09.2009, 22:04
*Thema aufgreif*

Dann braucht man halt eine (genaue) Einweißung auf das Gerät und den Umgang mit Lanzetten und so...

Gibts denn von offizieller Seite irgendwelche Artikel (BÄK?), die etwas zu dem Thema sagen?


gruß
SSDboy
17 Jahre | SanC | Schulsanitäter | Leiter SSD | Bereitschaft'ler | RUD A&B | RHS'ler | Ausbildung in 1 Monat folgend ... Rettungshelfer |

26.09.2009, 09:50
Also es gibt da z.B.

§ 223 StGB (Körperverletzung)
§ 224 StGB (gefährliche Körperverletzung)
§ 226 StGB (schwere Körperverletzung)
§ 227 StGB (Körperverletzung mit Todesfolge)
§ 229 StGB (fahrlässige Körperverletzung)
§ 340 StGB (Körperverletzung im Amt)

außerdem

§ 34 StGB (rechtfertigender Notstand)
§ 228 StGB (Einwilligung zur Körperverletzung)

des weiteren

§ 1 bis 44 MGP (Medizinproduktegesetz)

sowie insbesondere

Art 1 GG
Art 2 GG



Die BÄK ist ansonsten in keinster Weise eine "offizielle" Stelle und kann lediglich Meinungen äußern und ggf. Empfehlungen zu einzelnen Themen herausgeben.
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Alex
"Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein!"

26.09.2009, 12:47
Ich bin zwar kein Rechtsverdreher, aber ich frage mich ernsthaft, in wie weit ein Lanzettenstich mit gefährlicher, schwerer oder tödlicher Körperverletzung in Einklang gebracht werden kann....

Das es ein Eingriff in den Körper und somit per se eine Körperverletzung darstellt, ist klar. Aber die o.g. Paragraphen werden da ganz sicher nicht berührt.

Und in wiefern möchtest Du das GG (oder auch nur das MPG) da mit heran ziehen? Weder sehe ich die Würde eines Menschen in Gefahr, durch eine BZ-Messung, noch die körperliche Unversehrtheit (imho Artikel 2??). Und wenn mich nicht alles täuscht, fallen BZ-Messgeräte laut MPG in Kategorie I und sind somit nicht an Einweisungen etc. gebunden.

http://bundesrecht.juris.de/mpg/index.html
Gerrit (RettAss)
"Wir sind längst im Paradies, haben die Hölle draus gemacht!" --- ASP, Ich bin ein wahrer Satan
ASP - Sage Nein!

26.09.2009, 13:07
Naja, grundsätzlich ist die Blutzuckermessung ja invasiv und das Gerät ein Medizinprodukt. Entsprechend gelten auch das MPG. Also die hier aufgezeigten Texte sollen auch nur Hinweise geben wo man etwas finden kann. Und bezüglich Körperverletzung mit Todesfolge: Vermutlich gänzlich unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen (Stichwort Hygiene und Lanzetten / Einmalprodukte).

Und die körperliche Unversehrtheit ist doch in dem Moment gegeben wenn du gegen den Willen eines Patienten diesen stichst - oder es bei eindeutiger Indikation eben nicht tust und somit ggf. das Leben gefährdest.
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Alex
"Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein!"

26.09.2009, 13:42
Eine Stellungnahme der BÄK ist sehrwohl mehr als lediglich eine "Meinung" - sie hat zwar keinen verbindlichen Weisungscharakter kann aber durchaus als vorweggenommenes Expertengutachten gesehen werden - insbesondere dann, wenn es sich um eine Stellungnahme einer konkreten Fachgesellschaft (z.B. DGAI) handelt.
Selbst wenn im Falle eines Falles ein Gericht ein gesondertes Gutachten anfordert, wird es dazu ziemlich sicher einen Arzt bestellen der damit (meist) auch Mitglieder der entsprechenden Fachgesellschaft ist und somit zumindest indirekt die Empfehlungen *seiner* Gesellschaft mitträgt. Das er also ein Gutachten erstellt, dass diesen Empfehlungen widerspricht ist also nicht ausgeschlossen, aber zumindest nicht die Regel.

Ansonsten kann man den BZ auch mit Farbtäfelchen messen, wenn man etwaige Konflikte mit dem MPG umgehen will.

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