Zusammenfassung der bisherigen Diskussion

Alle rechtlichen Fragen und Fragen zur Auslegung von Gesetzestexten finden hier Platz. Bitte beachtet aber, dass alle Beiträge hier keinen Anspruch auf Richtigkeit haben, da wir alle Rechts-Laien und keine Experten sind. Vieles hier sind eigene Erfahrungen und auch persönliche Meinungen.

Foren-Übersicht Schulsanitätsdienst Recht und Gesetz

29.01.2010, 07:56
Also ich bitte dich - aber ich will es dir gerne nochmal veständlich machen.
Unter einem San - Dienst ( den Buschi wohl auch meint ) verstehe ich z.B. eine Theatersicherheitswache, Konzert in einer Halle - Park oder sonstwo, Sportveranstaltung z.B. Bundeligaspiele, Karnevalsumzüge, Stadtfeste, reicht dir das ?
Dort sind qualitativ gut ausgebildete Einsatzkräfte mit zum Teil jahrelanger praktischer Erfahrung tätig, die diesen Job auch zum eil hauptberuflich ausüben.

Ein Schulsanitätsdienst hingegen ist erstmal nichts anderes als eine Gruppierung, die in einer Schule - und sonst nirgends - Erste Hilfe leistet. Meistens sind die Mitglieder noch nicht volljährig und kommen über einen EH Kurs plus X- Stunden Zusatzausbildung nicht hinaus.

Und das nenn ich jedenfalls schon einen Unterschied ...

29.01.2010, 09:22
Deswegen sollte es ja auch vom Ausbildungsstand der jeweiligen Sanis abhängen, welche Maßnahmen sie durchführen dürfen und welche nicht, habe mir sagen lassen dass das von Schule zu Schule sehr unterschiedlich ist. Ich kenne hier am Ort Schulen, bei denen hat kein Sani mehr als nen EH, bei uns haben zumindest alle nen JUH SanHelfer (was das beim Kreuz entspricht weiß ich nicht) und die, die in den HiOrgs sind entsprechend mehr, ich kenne aber auch SSDs hier, wo angestrebt wird dass alle mindestens RH sind.Allerspätestestens letztere Gruppe sollte in der Lage sein nen BZ ordentlich zu messen.

Die Übungs"lücke" für die SSD'ler, die nicht im SanDienst außerhalb der Schule öfter mal messen können stopfen wir bei unseren Helfertreffen durch häufiges Üben an Freiwilligen.
18 Jahre, JUH Ausbilderin, Ehrenamt, Leitung RUD-Team, KatS, Ex-Leitung (im Abi-Ruhestand ^^) SSD St. Lioba

29.01.2010, 10:51
Auch ein RH wird keine Glucose verabreichen...
Und es geht mir wie gesagt nicht primaer um die Faehigkeit korrekt zu messen - dass kann man jedem beibringen und mit genuegend Training perfektionieren.
Um das, worum es mir geht, zu veranschaulichen: Ich war vor einiger Zeit auf einem Sandienst - war zu dem Zeitpunkt der einziger mit RS-Ausbildung. Wir haben ein Maedchen abgeholt, dass ueber Atemprobleme klagte und nicht sprechen konnte (-> nicht vernuenftig ansprechbar war), Kreislaufwerte waren soweit ich mich errinner auch nicht ganz normal - insgesamt ziemlich aufgeloest (tippe auf irgendwas psychisches). In der Situation waere es unmoeglich gewesen ihr Traubenzucker oral zu verabreichen.
Natuerlich haette ich in der Situation auch gerne einen BZ gemessen - haette aber keinerlei Konsquenz gehabt - das Maedel hat so oder so einen RTW gebraucht (der dann auch den BZ gemessen hat).

29.01.2010, 11:02
Ich denke, eine Blutdruckmessung incl. umfassender Aufklärung würde ohnehin dazu führen, dass nicht gemessen wird

Fall 1: Wach, ansprechbar, fühlt sich "schummerig":

Ich möchte bei ihnen den Blutzucker Messen, dazu ist ein kleiner stich in die Fingerbeere notwendig. Prinzipiell gibt es bei jedem Stich das, wenn auch sehr geringe, Risiko einer Infektion.
Falls Ihr Blutzucker niedrig ist, würde ich Ihnen etwas zu Essen / Trinken anbieten.
Alternative zur BZ-Messung wäre, den Blutzucker nicht zu messen, auch in dem Falle würde ich Ihnen etwas zu Essen / Trinken anbieten, da Ihre Anamnese (z.B. weggelassene Mahlzeit) und die Symptome zu einer leichten Unterzuckerung passen. Sind Sie einverstanden?

Fall 2: Bewusstlos (hier greift Geschäftsführung ohne Auftrag, allerdings mit klarer Güterabwägung):

In diesem Fall ist es natürlich schwer, eine Körperverletzung zu begründen, aus der keine Konsequenz folgt. Die Therapie in beiden Fällen beschränkt sich auf Notruf, Lagerung, Wärmeerhalt und Verlaufsbeobachtung. Zur Güterabwägung muss man sich natürlich immer die Frage stellen, wie sich der Patient entscheiden würde, wenn er nicht bewusstlos wäre. In dem einen Fall hat er den Stich und Maßnahmen wie beschrieben, im anderen Fall hat er keine Verletzung und identische Maßnahmen.... Von daher ist es wirklich witzlos und auch kaum zu vertreten, etwas durchzuführen, aus dem sich keine Konsequenz ergibt...

Von daher halte ich die BZ-Geschichte für verzichtbar...
Zuletzt geändert von Markus am 29.01.2010, 11:02, insgesamt 1-mal geändert.

29.01.2010, 11:44
Bei uns gehört die Blutzuckermessung zu den Standard-Diagnosemaßnahmen durch ausgebildete HelferInnen (mind. 64 Std., regulär 140 Std. Ausbildung).

Zurzeit haben die Beruflichen Schulen in Norddeutschland sehr viel mit Anorexia nervosa (Magersucht) und Bulimie-Patientinnen zu tun, die dazu neigen, von Zeit zu Zeit infolge fehlender Nahrungsaufnahme zu kollabieren.

Wenn wir eintreffen, ist die Person meist schon wieder bedingt ansprechbar und klart langsam auf.

Nun möchte ich wissen, ob die Patienten so stark geschwächt und unterzuckert ist, dass sie ins Krankenhaus muss (Rettungsdienst), oder ob es reicht, im Sanraum Flüssigkeit und Traubenzucker zuzuführen.

Hierfür ist aus meiner Sicht eine BZ-Messung unabdingbar. Diese wird bei uns mehrfach pro Woche durchgeführt, so dass man wohl kaum von fehlender Routine sprechen kann.

Vorraussetzung ist allerdings die korrekte Aufklärung der Patientin (Einverständnis bei ansprechbaren Pat.) und eine sachgerechte Durchführung der Messung. Dokumentieren!

Auch muss insbesondere die TRBA-Richtlinie zum Umgang mit Spitzabfall beachtet werden.

Hier ist seit 2008 (außerhalb der Blutzuckerselbstkontrolle durch den Pat.) nur noch die Verwendung von Sicherheits-Einmallanzetten zulässig.

Es sollte darauf geachtet werden, das der Sani nach der Messung nicht mehr mit dem blutigen Teststreifen in Berührung kommt. Am besten sind hierfür BZ-Messgeräte mit automatischer Auswurffunktion (z.B. AccuCheck Compact (R))

Wir verwenden für die Blutentnahme (primär aus dem Ohr) die Safety-Lancets von Sarstedt.
Die gibt es auch in unterschiedlichen Einstichtiefen (Farben) grün= normal, gelb= tiefe Eindringtiefe (für geizige Patienten)

Die lösen auf Knopfdruck aus und die Nadel schnellt automatisch wieder in das Gehäuse zurück. Danach lösen sie nicht wieder aus.

Nadelstichverletzung unmöglich und man spart sich den Kanülenabwurf.

Ein Problem gibt es allerdings (welches auch der Rettungsdienst hat...): Die BZ-Geräte sind eigentlich nur zum Gebrauch an EINEM Patienten zugelassen, d.h. aus Infektionsschutzgründen müsste eigentlich das ganze Gerät entsorgt oder mitgegeben werden.

Eine Desinfektion des Gerätes im Messsensorbereich kommt aufgrund von möglichen Wertverfälschungen nicht in Frage, daher aufpassen, dass kein Blut ans oder gar ins Gerät kommt. Dann lieber wegwerfen.

Und (grob) auf das Ablaufdatum der Streifen achten...

Edit: Mit ist übrigens kein Fall bekannt, in dem der RTD nochmal nachgemessen hätte...
Zuletzt geändert von Hajo Behrendt am 29.01.2010, 12:15, insgesamt 3-mal geändert.
35 Jahre, Im-RTW-beim-Patienten-Sitzer, hauptamtlicher "Zivi"-in-den-Hintern-Treter, ehrenamtl. Löschknecht, Obermufti von einigen SSDs -- im schönsten Bundesland der Welt: Schleswig-Holstein!

29.01.2010, 12:08
@Markus:

Fall 1: Wach, ansprechbar, fühlt sich "schummerig":

Ich möchte bei ihnen den Blutzucker Messen, dazu ist ein kleiner stich in die Fingerbeere notwendig. Prinzipiell gibt es bei jedem Stich das, wenn auch sehr geringe, Risiko einer Infektion.
Falls Ihr Blutzucker niedrig ist, würde ich Ihnen etwas zu Essen / Trinken anbieten. Wir können auch auf die Messung verzichten, und sie essen und trinken etwas, und schauen ob es ihnen besser geht.
Wenn es jedoch nicht der BZ war, sondern, z.B. ein Magen-Darm Virus, dann hilft das Essen vlt. nicht, oder sie müssen gar erbrechen.

Und schon willigen die Meisten ein :)
" Die jungen Leute von heute sind wesentlich angenehmer als in den 60er, 70er und 80er Jahren. Sie sind toleranter und respektvoller, auch älteren Leuten gegenüber. "
- Heino

29.01.2010, 13:10
Original von Hajo BehrendtNun möchte ich wissen, ob die Patienten so stark geschwächt und unterzuckert ist, dass sie ins Krankenhaus muss (Rettungsdienst), oder ob es reicht, im Sanraum Flüssigkeit und Traubenzucker zuzuführen.


Und was hat der gemessene BZ-Wert damit zutun, wie stark der Patient geschwaecht ist!? Ob jemand geschwaecht ist oder nicht ist eine klinische Einschaetzung...
Wenn ich zB von den oben von DON geschilderten <40mg/dl ausgehe:
- Hat der Patient keine Symptome, wird er auch nicht im SAN-Raum vorstellig werden...
- Ist ihm nur schwindelig und schummerig - warum sollte ich ihm (keine weitergehende Bewusstseinseinschrankung) nicht auch bei diesem niedrigen Wert etwas zu essen geben?
- Er hat Gesichtsfeldausfaelle: Hier wueder ich als Sani immer auf Nummer sicher gehen und den RD bestellen - auch wenn sich hinterher herausstellen sollte, dass "nur" eine Unterzuckerung dahinter steckt.

Was ich damit sagen will: Weitaus wichtiger als der gemessene Wert, ist der klinische Zustand.

29.01.2010, 13:13
Original von M1k3
@Markus:

Fall 1: Wach, ansprechbar, fühlt sich "schummerig":

Ich möchte bei ihnen den Blutzucker Messen, dazu ist ein kleiner stich in die Fingerbeere notwendig. Prinzipiell gibt es bei jedem Stich das, wenn auch sehr geringe, Risiko einer Infektion.
Falls Ihr Blutzucker niedrig ist, würde ich Ihnen etwas zu Essen / Trinken anbieten. Wir können auch auf die Messung verzichten, und sie essen und trinken etwas, und schauen ob es ihnen besser geht.
Wenn es jedoch nicht der BZ war, sondern, z.B. ein Magen-Darm Virus, dann hilft das Essen vlt. nicht, oder sie müssen gar erbrechen.

Und schon willigen die Meisten ein :)


Und wer sagt dir, dass bei einem niedrigen BZ nicht auch eine Magen-Darmerkrankung dahinter steckt!? Gerade die koennte ja zur ungenùegenden Nahrungsaufnahme gefuehrt haben (koennte mir sogar vorstellen, dass diese Patienten daher tendenziell alle eher leicht unterzuckert sind) und die kannst du durch eine BZ-Messung auch nicht ausschliessen...

29.01.2010, 13:19
Stimmt.
Das ist ja das schöne in der Medizin, man findet immer ne Ausnahme... ;)

Ich wollte nur vor Augen führen wie man eine Einwilligung kriegt zum Messen.
" Die jungen Leute von heute sind wesentlich angenehmer als in den 60er, 70er und 80er Jahren. Sie sind toleranter und respektvoller, auch älteren Leuten gegenüber. "
- Heino

29.01.2010, 13:29
Original von Hajo Behrendt


Wenn wir eintreffen, ist die Person meist schon wieder bedingt ansprechbar und klart langsam auf.

Nun möchte ich wissen, ob die Patienten so stark geschwächt und unterzuckert ist, dass sie ins Krankenhaus muss (Rettungsdienst), oder ob es reicht, im Sanraum Flüssigkeit und Traubenzucker zuzuführen.

Hierfür ist aus meiner Sicht eine BZ-Messung unabdingbar. Diese wird bei uns mehrfach pro Woche durchgeführt, so dass man wohl kaum von fehlender Routine sprechen kann.


Also von mir aus könnt ihr ja machen was ihr wollt - ist mir letztendlich völlig Latte. Aber ihr maßt euch hier an den Arzt zu spielen und das steht euch in keinster Weise zu, und wenn ihr noch so viele Stunden an Ausbildung und eine Vielzahl von Messungen pro Woche habt. Man könnte das auch schon rechtlich gesehen im Bereich des Übernahmeverschuldens ansiedeln .Ob jemand erkrankt ist entscheidet einzig und allein ein Arzt, ebenso ist eine Diagnosestellung nur dem Arzt vorbehalten. Mag ja vielleicht sein, daß ihr bis jetzt Glück hattet mit eurer Vorgehensweise, aber ihr bewegt euch auf sehr dünnem Eis, ich jedenfalls würde an einer Schule nicht so handeln und würde es auch niemals so ausbilden oder einführen.

29.01.2010, 13:31
Also wenn ich mal meinen unqualifizierten Senf dazugeben darf:

Uns wurde Blutzucker-Messen schon am ersten SanH-Ausbildungstag beigebracht, noch vor dem Blutdruckmessen. Wir haben damals sogar an uns gegenseitig den BZ gemessen.
Und letztendlich verhalten sich die beiden Sachen doch gleich.
Wenn ich den Blutdruck kenne, kann ich Schlüsse ziehen und "symptomorientiert" handeln. Den zu hohen/zu niedrigen Blutdruck an sich hingegen kann ich nicht ändern.
Ein BZ-Spiegel kann mir ebenfalls weiterhelfen, und sei es auch nur, wenn ich dem Patienten die Ursache seines Befinden nennen kann. Wie oben kann ich gegen das Symptom ansich nichts tun (außer vielleicht bei Unterzuckerung nach zu wenig gegessen).
Uns wurde ausdrücklich gesagt (und das von RD-Personal), dass eine BZ-Messung vor Eintreffen des RD sehr sinvoll und vor allem entlastend ist!

29.01.2010, 13:34
@SAR 21: Kannst du uns mal erklären, inwiefern das BZ-Messen "entlastend" sein soll?
Ich bin als Rettungsschwimmer geboren, mit Wasser gestillt und aufgezogen! Hurra!:P

leverkusen.dlrg.de
www.drk-lev.de

29.01.2010, 13:36
Original von Onkel Juergen
Aber ihr maßt euch hier an den Arzt zu spielen und das steht euch in keinster Weise zu, und wenn ihr noch so viele Stunden an Ausbildung und eine Vielzahl von Messungen pro Woche habt. Man könnte das auch schon rechtlich gesehen im Bereich des Übernahmeverschuldens ansiedeln .Ob jemand erkrankt ist entscheidet einzig und allein ein Arzt, ebenso ist eine Diagnosestellung nur dem Arzt vorbehalten. Mag ja vielleicht sein, daß ihr bis jetzt Glück hattet mit eurer Vorgehensweise, aber ihr bewegt euch auf sehr dünnem Eis, ich jedenfalls würde an einer Schule nicht so handeln und würde es auch niemals so ausbilden oder einführen.


Wieso spielen die Arzt? Mir kommt es so rüber wie es bei vielen Sanitätsdiensten ist, als Sani entscheidet man, ob der RD gebraucht wird, ob sich der Pat. mal einem Arzt vorstellen sollte, oder obs eine Bagatelle ist, die man mit 5 min Pause Abhandeln kann...

Oftmals ist das auch grade unsere Aufgabe. Natürlich macht man sich angreifbar wenn man sagt "muss nicht zum Arzt", und 5 min Später habt ihr ne Rea am laufen. Dieses Abschätzen muss also vorsichtig geschehen, ist aber im Sanitätsdienst Alltag (bei uns zumindest).
" Die jungen Leute von heute sind wesentlich angenehmer als in den 60er, 70er und 80er Jahren. Sie sind toleranter und respektvoller, auch älteren Leuten gegenüber. "
- Heino

29.01.2010, 13:37
@ SAR21 : Also erstens kannst DU nie und nimmer einem Pat. die Ursache seines Befindens aufgrund eines gemessenen BZ sagen ... nur irgendwie spekulieren.

Und zweitens, wo bitte ist es eine " Entlastung " des RD wenn vorher BZ gemessen wird ??? Zeitlich gesehen ne Lachnummer. Entweder sind die zu faul dazu oder einfach unsachlich. Wie schon mal erwähnt, selbst ermittelte Werte sind wesentlich vertrauensvoller als fremd gemessene ... man kann da nämlich massig Fehler machen ... weisse Bescheid ???

29.01.2010, 13:46
Also ich hab jetzt echt keine Lust mehr auf dieses Thema - macht was ihr wollt oder für richtig haltet.

Vielleicht sind wir ja aber auch in ein paar Jahren soweit, daß in Schulen Magen und Darmspiegelungen vorgenommen werden, nur um irgendetwas ausschließen zu können ... * lach *

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