Da ist ja schon mal viel Gutes dabei, insbesondere auf die physiologischen Mechanismen bezogen!
Ich schreib mal noch eine etwas allgemeinere Abhandlung:)
Das "Hängetrauma" ist als Krankheitsbild relativ jung und erstmals als solches 1972 erwähnt. Der Begriff an sich scheint unglücklich gewählt, da in aller Regel keine Verletzungen bei den Patienten gefunden werden. Im angloamerikanischen Raum spricht man gerne von "harness-induced Pathology" oder einem "harness-hang-Syndrom".
Vor 20-30 Jahren waren die Sicherungseinrichtungen bei weitem nicht so ausgereift wie heute - ein heftiger Sturz führte oft einfach durch die Folgen des Fangstoßes zum Tod (==>kein Patient mit "Hängetrauma für den RD...). Heute kann man bei Verwendung entsprechender Technik gut und gerne 10-15m frei fallen, um im Anschluss eine Schlüsselstelle erneut zu klettern. Aus diesem Grund wird die Zahl der Patienten mit "Hängetrauma" in Zukunft ansteigen - eine Zunahme von Kletteraktivitäten, Verwendung von Gurtzeug im Bereich der Arbeitssicherheit in exponierten Höhen etc spielen da natürlich zusätzlich mit hinein.
Man geht davon aus, dass die Mechanismen des venösen Rückstroms durch das aufrechte Hängen gestört sind (ggf. die Atmung zudem durch einen getragenen Brustgurt beeinträchtigt wird - hier in diesem Fallbeispiel nicht der Fall); Der wohl wichtigste Pathomechanismus ist in der fehlenden Muskelpumpe zu finden, da den Patienten in aller Regel der "Gegendruck" für die Füße fehlt. Hier kann die Verwendung einer Trittschlinge wertvolle Dienste leisten, wie Maxi bereits erwähnt hat; Zudem wird in Studien der positive Effekt einer "Hochlagerung" der Beine durch Verwendung einer kurzen Schlinge in den Kniekehlen erwähnt. Je nach verwendetem Gurt und Anschlagpunkt ist es durchaus wahrscheinlich, auch Bewusstlose in einer "aufrechten" Position vorzufinden - was für die Entwicklung eines Hängetraumas natürlich fatal ist. Dies ist insbesondere im industriellen Bereich durchaus nicht selten.
Ob die Kompression venöser Gefäße im Bereich des Hüftgurts (Gurtzeug an Becken und Oberschenkeln) bei der Entstehung eines Hängetraumas relevant ist wird als sehr fraglich angesehen . In aller Regel findet sich lediglich eine geringe Kompression im Bereich der Gefäße - ein falsch angelegter oder falsch dimensionierter Gurt können hier natürlich fatale Folgen haben. Bei einem korrekt angelegten Gurt und einer guten Position im selbigen sind die Gefäße jedoch tendentiell eher "frei".
Umwelteinflüsse (Schmerz, Angst, Kälte, Erschöpfung, Z.n Sturz/Trauma etc) spielen erwartungsgemäß eine große Rolle. In aller Regel klagen Patienten vor Eintritt der Bewusstlosigkeit über Übelkeit, Schwindel, Kraftlosigkeit, Ohrensausen etc (präsynkopale Symptome:)). Der Eintritt der Bewusstlosigkeit kann durch Bewegung, Verwendung der oben genannten Trittschlinge o.ä. maßgeblich verzögert werden - eine rasche Rettung ist anzustreben.
Als Folge der schwerkraft-induzierten Volumenzunahme in den unteren Extremitäten sind ein Abfall des Schlagvolumens und ein Abfall des MAP zu finden. Durch Zunahme des kapillären Drucks in den Beinen kommt es zu einem hydrostatisch-induzierten Austritt intravasaler Flüssigkeit ins Interstitium - was bei längerem Hängen bis zum ausgedehnten Volumenmangelschock führen kann.
Nach der Rettung führt die bisher gefürchtete rasche Zunahme der Vorlast in aller Regel nicht zu Problemen - oftmals handelt es sich um kardial gesunde Patienten, welche die Volumenzunahme gut verkraften. (flache Lagerung + ggf. Volumen)
Wenn der rechte Ventrikel bei jungen, gesunden Menschen derart schnell beleidigt wäre, würde man wohl kaum einen Handstand überleben...
Wenn Patienten mit Hängetrauma nach der Rettung versterben, so geschieht dies in aller Regel nicht innerhalb kürzester Zeit, sondern vielmehr Stunden nach der Rettung, evtl. im Rahmen einer klinischen Abklärung/Behandlung.
Präklinisch sollte die Therapie neben den üblichen Standards (Atemwegssicherung beim Bewusstlosen, Herz-Lungen-Wiederbelebung bei Herz-Kreislauf-Stillstand) die Gabe eines Flüssigkeitsbolus beinhalten, andauernde Störungen der Hämodynamik können mit Katecholaminen behandelt werden (Cave: Patienten oft sauer).
Mit hoher Wahrscheinlichkeit profitieren Patienten von der Gabe eines Schleifendiuretikums - das ist jedoch dann eher Aufgabe der aufnehmen Intensivstation...
Bei allen Patienten mit dem Verdacht auf ein Hängetrauma ist ein Crush-Syndrom zu unterstellen - neben Labor und Monitoring sollte das aufnehmende Haus die Möglichkeit zur Dialyse bieten. Dies gilt vor allem, wenn dem Hängetrauma ein Sturz mit entsprechendem Verletzungsmuster vorausgegangen ist....
Abschließend noch eine Klarstellung: Soweit ich weiß, ist der von Max beschriebene "Bergetod" eher ein Begriff, der das Versterben eines hypothermen Patienten nach unglücklichen Lageveränderungen beschreibt - Hängetrauma is was anderes:)
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