Trage als Spineboardersatz im SSD

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26.04.2015, 12:44
Naja wurde aber auch schon zu genüge festgestellt, das solche Hilfsmittel (vor allem Stifnecks ) bei korrekter Anwendung durchaus sinnvoll sind.


Sinnvoll wofür? Ja, ein Stifneck ist sinnvoll, um den Patienten daran zu erinnern, dass er den Kopf nicht bewegen soll, aber man muss sich im Klaren darüber sein, dass er Bewegungen nicht komplett verhindert. Lass dir mal einen anlegen - das ist keine komplette Immobilisation. Ja, ein Spineboard ist zur unmittelbaren Rettung toll.

Quellen habe ich, neben der von Maxi genannten, gibt es einen amerikanischen Artikel mit einem ganzen Haufen Quellen, der sich aber auch auf das deutsche System anwenden lässt hier: http://www.jems.com/articles/print/volume-38/issue-3/patient-care/research-suggests-time-change-prehospita.html

Daraus meiner Meinung nach hierfür relevante Quellen: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9523928 und http://emj.bmj.com/content/20/5/476.full

Aber schöner aufgeschlüsselt ist es in der Stellungnahme des PHTLS National Board.
26.04.2015, 21:11
Ok danke für die zahlreichen Antworten.

War ja gut, dass ich nachgefragt habe.

Aber warum wird dann die Stifneck trotz dieser hinreichenden Belege trotzdem im Rettungsdienst standartmäßig verwendet und angelegt?

Beste Grüße
27.04.2015, 14:27
Weil es keine wissenschaftlich fundierten Studien pro oder contra Wirbelsäulenimmobilisation gibt.
Die ganze Immobilisationsgeschichte muss eben differenziert betrachtet werden. Nicht jeder Traumapatient benötigt sie - gerade wenn die Immobilisation mit dem Spineboard erfolgt, kann dies auf Dauer sehr schmerzhaft werden.
Patienten mit einer HWS-Fraktur profitieren allerdings durchaus von einer Immobilisation.

Ein kleiner Tipp aus der Praxis: Wenn ihr vor der Wahl Spineboard oder Vakuummatratze steht, nehmt die Vakuummatratze, sofern nicht die Vorteile des Spineboards nötig sind (Schnelligkeit und Rettung aus schwierigen Lagen).
27.04.2015, 15:06
BavarianSurvivor hat geschrieben:Aber warum wird dann die Stifneck trotz dieser hinreichenden Belege trotzdem im Rettungsdienst standartmäßig verwendet und angelegt?


Weil sich wissenschaftliche Erkenntnisse oft nur langsam im RD durchsetzen. ("Haben wir immer schon so gemacht")
Und ich unterstelle mal, dass der gemeine Rettungsdienstler verantwortungsscheu ist - den Schaden einer Immobilisation zu erkennen, ist schwierig, oft nur verzögert oder statistisch messbar, der Schaden einer zu Unrecht fehlender Immobilisation ist dagegen akuter. Bei manchen fehlt auch schlicht die Fähigkeit etwas differenziert abzuwiegen.


Zum Thema: In der Schule dürftet ihr nur äußerst selten in Bereichen arbeiten müssen, die räumlich keine suffiziente Erstversorgung (mehr wird von euch nicht erwartet) zulässt, arbeiten. Will der RD später den Patienten transportieren, um z.B. bessere Bedingungen für eine Intubation zu haben, bringt er auch entsprechend geeignete Gerätschaften und Erfahrung mit. Stören die gaffenden Schüler, kann man sie mit Hilfe eines Lehrers leicht wegschicken.
-> keinerlei Notwendigkeit einen Patienten mit Verdacht einer WS-Schädigung zu transportieren.

PS: Es gibt Standard oder Standarte - keine Mischung (außer du meinst eine russische Dampfyacht)
27.04.2015, 19:43
@maxi
Danke für die Info. Das mit der Vakuummatratze wusste icv auch schon vorhin :), jedoch werden wir im SSD wahrscheinlich nie in den "Genuss" einer Vakuummatratze kommen.

@max
Naja, aber mal ehrlich, wenn es dir so von Grund auf gelernt wird, würdest du es anders machen, wenn es dir quasi schon eingeprügelt wird, dann hast du des hald schon so drinne und überlegst so gut wie nicht mehr.

Natürlich meinte ich Standard ;)
30.04.2015, 06:18
Ja, was wollt ihr denn auch mit einer Vakuummatratze? Ihr seid doch auch "nur" irgendwelche EH-SSD'ler im besten Falle SanHelfer.
Je mehr Einsatzmittel/Gerätschaften und so'n Humbug man hat, desto mehr kann man falsch machen.
Also keep calm and check breathing :D
30.04.2015, 11:56
Ich war vor kurzen auf ner rettungsdienstlichen Fortbildung zum Thema Immobilisation. Das Spineboard ist eigentlich nur ein Rettungsgerät und ist eigentlich nicht dafür gedacht, dass der Patient während dem Transport im Fahrzeug darauf verbleibt. Eine weitere Aussage war, dass wir im deutschen Rettungsdienst, wie oben schon erwähnt, viel zu schnell eine immobilisation durchführen, obwohl diese eigentlich garnicht nötig währe. Klar, so gibt es in Deutschland eine fast 100% immobilisation von tatsächlichen Wirbelsäulenverletzungen, aber es werden eben auch viele Patienten "grundlos" immobilisiert. In Amerika/Canada hat man dieses Problem erkannt und nimmt sich relativ einfache Immobilisationsalgorithmen zur Hilfe. Im Vortrag wurden zwei davon vorgestellt, mir ist leider nur die Canadian C-Spine Rule in Errinnerung geblieben, ich versuch aber mal an den Vortrag ranzukommen. In Canada werden nur Patienten immobilisiert, die nach dieser Regel immobilisationspflichtig sind. Dabei wird eine ziemlich hohe, aber natürlich nicht 100% "Trefferrate" erreicht. Eine Schwachstelle die dieses System hat ist, dass sämmtliche Stürze im Altenheim aufgrund der Alters immobilisiert werden...
Ein weiterer Punkt, der ebenfalls oben schon erwähnt wurde besagt, dass der Stifneck oftmals mehr Schaden als Nutzen bringt und, wenn möglch, eine manuelle Immobilisation von Hand statt dem Stifneck durchzuführen ist. Besser sei da aber schon der sogenannte X-Collar, der sich deutlich besser an die Kopfhaltung anpasssen lässt. Auch wurde gesagt, dass die beste Lösung wäre, die Patienten nur zur Rettung mittels Spineboard und Stifneck zu versorgen und diesen dann aber anschließend nur mittels Vakuummatratze zu immobilisieren. Natürlich gibt es immer auch Ausnahmen.
30.04.2015, 12:09
Sam112 hat geschrieben:In Amerika/Canada hat man dieses Problem erkannt und nimmt sich relativ einfache Immobilisationsalgorithmen zur Hilfe. Im Vortrag wurden zwei davon vorgestellt, mir ist leider nur die Canadian C-Spine Rule in Errinnerung geblieben, ich versuch aber mal an den Vortrag ranzukommen. In Canada werden nur Patienten immobilisiert, die nach dieser Regel immobilisationspflichtig sind. Dabei wird eine ziemlich hohe, aber natürlich nicht 100% "Trefferrate" erreicht. Eine Schwachstelle die dieses System hat ist, dass sämmtliche Stürze im Altenheim aufgrund der Alters immobilisiert werden...


Also zunächst einmal hat die C-Spine-Rule ja eigentlich eine andere Fragestellung. Hier geht es ja darum, welche Patienten eine HWS-Röntgenaufnahme benötigen. Ob man daraus auch schließen kann, dass diese Patienten dann keine HWS-Immobilisation vor Ort brauchen, sei noch einmal diskussionswürdig.

Aber spätestens bei "distracting injury" musst Du doch ohnehin wieder nahezu 100% der Patienten immobilisieren. ;)
Oder hast Du so viele Patienten mit Z.n. Sturz, die absolut KEINE Verletzung haben, außer V.a. HWS-Trauma aber auch dort keine Schmerzen?
02.05.2015, 11:29
Don Spekulatius hat geschrieben:Aber spätestens bei "distracting injury" musst Du doch ohnehin wieder nahezu 100% der Patienten immobilisieren. ;)
Oder hast Du so viele Patienten mit Z.n. Sturz, die absolut KEINE Verletzung haben, außer V.a. HWS-Trauma aber auch dort keine Schmerzen?


Klar müsste man :)
Nein, natürlich nicht :)

Ich hab den zweiten Algorithmus gefunden: die Nexus Spinal Rule (http://www.immediatecaretraining.ie/assets/NEXUS.jpg)
Auch hier stößt man bei Punkt 3 in den Altenheimen auf Probleme :D
04.05.2015, 21:47
Don Spekulatius hat geschrieben:Also zunächst einmal hat die C-Spine-Rule ja eigentlich eine andere Fragestellung. Hier geht es ja darum, welche Patienten eine HWS-Röntgenaufnahme benötigen. Ob man daraus auch schließen kann, dass diese Patienten dann keine HWS-Immobilisation vor Ort brauchen, sei noch einmal diskussionswürdig.

Aber spätestens bei "distracting injury" musst Du doch ohnehin wieder nahezu 100% der Patienten immobilisieren. ;)
Oder hast Du so viele Patienten mit Z.n. Sturz, die absolut KEINE Verletzung haben, außer V.a. HWS-Trauma aber auch dort keine Schmerzen?



Doch, das heist es. Wenn man eine HWS Fraktur ausschließt, und darum kein HWS Röntgen macht im Krankenhaus, dann braucht man auch präklinisch nicht Angst haben, das etwas kaput geht.

Und als distracting Injurie werden meist massiv schmerzhafte Zustände genannt. Ein Fahrradfahrer, der sich ein bisschen prellt, den würde ich nicht als "distracting injuries positive" bezeichnen. :) Sonst stünde da "no other injuries".






Einfacher zu merken find ich übrigens NEXUS
http://www.mdcalc.com/nexus-criteria-fo ... how-to-use

C C Spine
http://www.mdcalc.com/canadian-c-spine-rule/

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